Mit Fleischersatzprodukte bieten viele Möglichkeiten, Speisen zu gestalten. Aber braucht man die angepriesenen Produkte wirklich für eine vollwertige Ernährung?
Vor allem Veganer und Vegetarier greifen gern zu sogenannten Fleischalternativen wie Soja oder Tempeh. Die einen nutzen sie als Übergangslösung, um sich langsam das Fleischessen abzugewöhnen, die anderen möchten ab und zu fleischähnliche Gerichte zubereiten. Als wichtigster Grund für Verzehr von Fleischalternativen wird oft die ausreichende Versorgung des Körpers mit Nährstoffen und Proteinen genannt.
Die vielfältigen Arten der Zubereitung sprechen für Produkte wie Tofu. Mit Seidentofu lassen sich Dressings und Nachspeisen zubereiten. Naturtofu wird gern mariniert, mit Kruste überbacken oder wie ein Schnitzel paniert. Räuchertofu gilt als Einsteigerprodukt und passt gut zu Kartoffeln mit vegetarischen „Speckwürfeln“ oder einem Bohneneintopf. Das Ausgangsprodukt des Tofus – Soja – ist das Bekannteste der Produkte und enthält hochwertiges Eiweiß. Vor allem Einsteiger kochen gern damit.
Weiterer Vorteil: Fleischalternativen gelten als preiswerte und hochwertige Proteinquelle. Dabei kommen viele in Aussehen und Proteingehalt den Originalen sehr nahe. Dipl. oec. troph. Antje Gahl von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) erklärt, dass die Produkte durch den Trend zu vegetarischen und veganen Alternativen sehr gefragt sind. „Wir können nicht pauschal sagen, dass diese Lebensmittel gesund oder ungesund sind, aber was man sicherlich sagen kann ist, dass die Fleischalternativen oft durch einen hohen Verarbeitungsgrad gekennzeichnet sind“, so Gahl. Dabei kommt es zu Nährstoffverlusten, z.B. gingen Mineralstoffe und Vitamine im Herstellungsprozess verloren. Außerdem seien sie meist stark gewürzt und enthielten viele Zusatzstoffe. Denn der Fleischgeschmack müsse ja generiert werden. Claus Leitzmann ist Professor für Ernährung und war an der Universität Gießen tätig. Er stimmt Gahl zu, betont aber, dass es ebenso bei anderen Lebensmitteln zum Verlust der Nährstoffe komme. Dieser ließe sich ausgleichen, indem man die Prinzipien der Vollwerternährung berücksichtige.
Laut Gahl sind diese Fleischalternativen nicht notwendig, um den Nährstoffbedarf zu decken. Tierisches Eiweiß habe zwar eine höhere Wertigkeit, als sein pflanzliches Pendant, aber dies ließe sich durch die Kombination verschiedener pflanzlicher Quellen kompensieren. Veganer könnten dafür Hülsenfrüchte mit Getreiden kombinieren und Vegetarier zu einer Kombination aus Kartoffeln, Eiern und Milch greifen. „Die einzelnen Eiweißbausteine der Tiere entsprechen aber eben eher denen des Menschen und sind daher für unseren Organismus besser verwertbar“, so die Ernährungswissenschaftlerin.
Leitzmann hält die biologische Wertigkeit von pflanzlichem Eiweiß im Vergleich zu tierischem zwar für eine interessante Sache, die Bedeutung wird seiner Meinung nach jedoch überschätzt. „Ich nehme ja nie nur eine Komponente zu mir, die Eiweiß enthält, sondern immer mehrere in Kombination.“ Dadurch erhöhe sich die Wertigkeit wieder und die Unterschiede zum Fleisch seien nicht mehr so groß.
Wichtig: Die Aufnahme von B12
Leitzmann stimmt Gahl jedoch in einem Punkt zu: „ Aus ernährungswissenschaftlicher Sicht brauchen wir diese Fleischersatzprodukte nicht, aber viele Menschen finden sie hilfreich. Der Markt boomt ja, also ist der Bedarf da.“ Vor allem vegan zu kochen, ist mit einem höheren Zeitaufwand verbunden. Somit sparen die Menschen sich die Zeit und kaufen direkt Fleischersatzprodukte, anstatt Gemüse und anderen Zutaten selbst aufwändig Geschmack zu verleihen.
Enorm wichtig ist die Aufnahme des Vitamins B12, da dieses ausschließlich aus tierischen Produkten bezogen wird. „Als Veganer sollte ich entweder ein Präparat einnehmen oder zu mit B12 angereicherten Lebensmitteln greifen, in Deutschland gibt es unter anderem mit Vitamin B 12 angereicherte Fruchtsäfte, Frühstückscerealien oder Sojamilch.“, erklärt Gahl. Sogar mit B12 angereicherte Zahnpasta ist erhältlich. An deren Entwicklung war Leitzmann in beratender Funktion beteiligt: Ein Wissenschaftler am Institut für alternative und nachhaltige Ernährung (IFANE) in Gießen untersuchte wie das B12 durch die Zahnpasta in den Organismus gelangt. Vermutlich geschieht das über die Mundschleimhäute. Eine genaue Aussage lässt sich aber noch nicht treffen.
Fazit: Auch ohne Fleischersatzprodukte muss bei Verzehr von genügend eiweißreichen Komponenten im Rahmen einer veganen Ernährung grundsätzlich kein Mangel auftreten. Weder Vegetarier noch Veganer brauchen unbedingt Fleischersatzprodukte, um den Fleischkonsum zu kompensieren. Vielmehr scheint das eine Kopfsache zu sein: Auch Veganer und Vegetarier wollen an gesellschaftlichen Events teilnehmen, bei denen eben Fleisch im Vordergrund steht, z.B. ein Grillabend unter Freunden. Anstatt immer nur Gemüse zu grillen, können sie so auch mal eine vegane Tofuwurst oder -schnitzel auf dem Grill zubereiten. Durch die visuelle Ähnlichkeit zu einem Fleischprodukt wird der fehlende Fleischkonsum teilweise kompensiert. Zusätzlich kann man Fleischalternativen auch als Übergangslösung auf dem Weg zum Fleischverzicht verwenden.
„Zur Versorgung mit Proteinen sind diese Produkte nicht notwendig.“ Antje Gahl, DGE
Soja lässt sich zu Sojafleisch und Tofu weiterverarbeiten. Für ersteres wird Eiweiß aus der Sojabohne isoliert, entfettet und unter hohem Druck und Wärmezugabe strukturiert. Im Falle von Tofu werden die Sojabohnen eingeweicht, gemahlen und von Fasern und Schalen getrennt. Durch Gerinnung und Verdickung entstehen daraus die Tofublöcke. Lupinenprodukte werden genauso hergestellt.
Tempeh ist ein traditionelles indonesisches Produkt. Die eingeweichten und geschälten Sojabohnen werden mit einem Pilz beimpft. Durch Fermentation entsteht eine feste Masse.
Seitan hat seinen Ursprung in China und basiert auf Getreide (Weizen und Dinkel). Dieses wird mit Wasser verknetet und ausgewaschen bis das Eiweiß in Form von Klumpen übrig bleibt.
Bei Quorn handelt es sich um Pilzkulturen, die mit Nährlösung fermentiert werden. Eiweiß wird abgefiltert.
Um die Produkte der Marke Valess von Friesland Campina herzustellen, wird angereichertes Milcheiweiß gewürzt und in Form gebracht.