Dem Klima zuliebe auf Fleisch verzichten? Was nur eine von zahlreichen wirtschaftlichen Maßnahmen zur Drosselung der CO2-Emissionen im Klimaschutzplan darstellt, sorgte bereits in der Entwurfsphase für Diskussion. Dabei ist der Trend zu weniger Fleisch längst in Gang gesetzt.
Um nicht nur die eigene Gesundheit, sondern auch das Klima zu schützen, sollen die Deutschen weniger Fleisch essen. Das ist eine Konsequenz aus dem Klimaschutzplan, den das Bundesumweltministerium ausgearbeitet hat und über dessen Entwurf nach der Sommerpause im Bundestag abgestimmt werden soll. Eine der Forderungen aus dem 67 Seiten starken Maßnahmenkatalog lautet, die Emissionen in der Land- und Viehwirtschaft zu verringern.
Der Entwurf will den Viehbestand begrenzen, appelliert aber auch an den Verbraucher. Dieser solle mittel- bis langfristig seine Ernährungsgewohnheiten umstellen. Damit greift das Papier eine Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) auf. Diese empfiehlt, nicht mehr als 300 bis 600 Gramm Fleisch und Wurst pro Woche zu essen. Derzeit liegt der Verzehr bei etwas mehr als einem Kilo pro Woche. Um die Verbraucher zu sensibilisieren, wolle die Bundesregierung Mittel für Schulungs- und Beratungsangebote sowie Imagekampagnen bereitstellen, heißt es.
Viehwirtschaft nur eins von vielen Handlungsfeldern
Laut Entwurf macht der Anteil an CO2-Emissionen in der Landwirtschaft 8 % der Gesamtemissionen in Deutschland aus. Mit rund 25 Mio. t CO2-Ausstoß zähle die Viehhaltung zu den größten CO2-Emissionsquellen in der Landwirtschaft. Betroffen sind ausschließlich Wiederkäuer, also Rinder, Schafe, Ziegen und Wild. Bis 2030 müssen die CO2-Emissionen in Deutschland insgesamt um mindestens 55 % gegenüber dem Stand von 1990 zurückgehen. Dieses Zwischenziel hat die Bundesregierung bereits beschlossen. Für die Landwirtschaft bedeutet das eine Verringerung von 88 Mio. t auf 35 Mio. t. Weitere CO2-Quellen neben der Viehhaltung sind der Stickstoffeinsatz bei der Düngung (ebenfalls 25 Mio. t), das Einbringen von Gülle auf den Feldern (10 Mio t.) und der Kraftstoffeinsatz für landwirtschaftliche Maschinen und Fahrzeuge (6 Mio. t). Neben dem Einsparpotential der Landwirtschaft wurden auch die Handlungsfelder Energiewirtschaft (CO2-Anteil: 40%), Bauen und Wohnen (30%), Verkehr (18%), Industrie (20%) untersucht.
Schmidt verteidigt Landwirtschaft
Bundesagrarminister Christian Schmidt ergriff bereits Partei für die Landwirte. In einem Interview mit der Bild-Zeitung, das im Umfeld des Deutschen Bauerntags am 30. Juni 2016 in Hannover erschien, sagte er: „Die Landwirtschaft mag zwar 8 % der Emissionen erzeugen, sie ernährt aber auch 100 % der Bevölkerung.“ Landwirtschaft und Klimaschutz dürften nicht gegeneinander ausgespielt werden. In seiner offiziellen Rede zum Bauerntag erklärte er, die Landwirtschaft sei kein Experimentierfeld für Gesellschaftspolitik.
Wenige Tage zuvor hatte Umweltministerin Barbara Hendricks, die für den Klimaschutzplan verantwortlich zeichnet, bereits Zugeständnisse an die Energiewirtschaft gemacht. Nach der Abstimmung mit dem Wirtschaftsministerium ist der ursprünglich geforderte Ausstieg aus der Kohleindustrie im aktuellen Entwurf nicht mehr eindeutig formuliert. Kritiker befürchten einen ähnlichen Rückzug auch bei der Land- und Viehwirtschaft.
Dabei ist die Nachfrage nach Fleisch- und Wurstwaren in Deutschland schon jetzt leicht rückläufig. Im Vergleich zum Vorjahr aßen die Deutschen 2015 bereits ein Kilogramm weniger, nämlich nur noch 59,9 kg pro Kopf. Das berichteten der Verband der Fleischwirtschaft (VdF) und der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie (BDFI) anlässlich ihrer gemeinsamen Jahrestagung im April.
Ähnliches zeichnet sich für den Export in die EU-Nachbarländer ab: Aufgrund der stärkeren Nachfrage regionaler Produkte ging dort die Nachfrage nach Fleisch aus deutscher Produktion ebenfalls zurück. Stark zugenommen hat dagegen der Export nach China. Inwieweit Exportüberschüsse als Beitrag zum Abbau der CO2-Emissionen in der Viehwirtschaft verringert werden können, überprüft die Bundesregierung noch. (dpa/CM)