Meldet sich der Gast nach dem Essen nicht, ist er zufrieden. Ist er es nicht, rührt er sich und reklamiert – ein häufig verbreitetes Vorurteil. Dabei kann der Caterer mit einer systematischen Gästebefragung nach dem Essen zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen! (Von Rolf Leicher)
Ein bekanntes Vorurteil lautet sogar: „Wir hören keine Kritik, also sind unsere Gäste zufrieden.“ Gästezufriedenheit ist das Ergebnis eines Vergleichsprozesses des Gastes zwischen seinen Erwartungen und der wahrgenommenen Leistung beim Caterer. Eine systematische Umfrage nach dem Essen kann zum aussagefähigen Indikator für Gästezufriedenheit werden. Relevante Daten über die Meinung der Gäste erhält der Caterer durch einen professionellen Fragebogen. Obwohl nicht jede Response realistische Informationen zu Verbesserungen enthält, gibt es jedoch immer wieder Anregungen zur Verbesserung. Gäste, die sich kritisch äußern, sind „kostenlose Qualitätsbeauftragte“ für den Catering-Betrieb und verdienen deshalb ein „Danke“.
Zwischen aktueller Gästezufriedenheit und zukünftigem Gästeverhalten bestehen wichtige Zusammenhänge. Erhält der Gast weniger Leistung, als er erwartet hat, ist er enttäuscht und unzufrieden. Er wird vielleicht sogar negative Mund-Propaganda betreiben und im nächsten Bedarfsfall Wechselbereitschaft zeigen. Entspricht die subjektiv wahrgenommene Leistung des Caterings etwa dem, was der Gast erwartet hat, ist er einfach nur zufrieden, wird den Anbieter aber nicht aktiv weiter empfehlen. Gästeenttäuschung entsteht auch im After-Sales-Bereich: Verspätete Rücknahme des Geschirrs, Unfreundlichkeit des Personals, Rechnungsfehler – es gibt eine Reihe von „Kleinigkeiten“, über die sich Kunden ärgern ohne sich gleich als Reklamierer zu melden.
Pro und Contra der Gästebefragungen
Die Zufriedenheitsabfrage darf nicht als eine Kontrollaktion hinter dem Rücken der Mitarbeiter gesehen werden. Meist schätzt es der Gast, wenn der Caterer sich nach der Zufriedenheit des Essens erkundigt. Schon die Existenz einer Gästebefragung macht deutlich, dass man auf die Meinung des Gastes großen Wert legt. Auch Restaurantbesucher, die den Fragebogen nicht ausfüllen, nehmen die Aktion positiv wahr. Natürlich macht die Zufriedenheitskontrolle nur Sinn, wenn die Abfrage über vorbereitete Fragen erfolgt. Die allgemein gehaltene Frage nach der Zufriedenheit („Waren Sie mit dem Essen zufrieden?“), meist am Telefon, bringt keine relevanten Informationen.
Der Fragebogen
Die Abfrage besteht aus maximal zehn Fragen, damit die Bereitschaft zur Response nicht beeinträchtigt wird. Fragebögen, die eine Bearbeitungszeit von mehr als fünf Minuten erfordern, werden vom Gast abgelehnt. Bei der Skalierung gibt es verschiedene Möglichkeiten. Das 5-stufige-Noten-System hat sich bewährt, weil es den Noten aus der Schulzeit entspricht. Eine Variante sind Textangaben „sehr gut“, „gut“, „zufriedenstellend“, „ausreichend“ und „mangelhaft“. Aber auch der Erfüllungsgrad in Prozentzahlen ist möglich: 100, 75, 50, 25, 0 %. Gelegentlich findet man die Punkteskala (5 – 1), nicht durchgesetzt hat sich die Bewertung mit Smileys. Der Gast kann zusätzlich durch Ausrufezeichen kennzeichnen, welche beiden Punkte für ihn besonders wichtig sind und damit eine Gewichtung vornehmen. Bei der Reihenfolge der Fragen sollten die leichteren Fragen zuerst gestellt werden. Stehen bereits am Anfang schwierig zu beantwortende Fragen, muss der Kunde nachdenken, es wird ihm zu kompliziert und er wird abbrechen. Notizen in der Zeile „Bemerkungen“ sind besonders zu beachten, auch wenn sie statistisch schwer auswertbar sind.
Um mit der Befragung eine positive Imagewirkung zu erzielen, ist auch die Gestaltung des Fragebogens von zentraler Bedeutung. Ein unprofessionell gestalteter, unübersichtlicher, Fragebogen motiviert nicht zur Bearbeitung. Fragen müssen eindeutig sein, sie dürfen nur einen Aspekt vermitteln (Vorsicht bei „und“ oder „oder“ Verknüpfungen). Sie sollten möglichst wenig Interpretationsspielraum lassen und konkret formuliert sein. Manche Fragen lässt der Kunde bei der Beantwortung aus. Ein Zeichen für den Anbieter, dass die Frage unklar formuliert oder unbeliebt ist, und geändert werden sollte.
Der Fragebogen wird mit der Rechnung versandt oder unabhängig davon, etwa zwei Wochen nach der Lieferung. Im Zeitalter der Digitalisierung wird der Feedbackbogen an die Adresse des Entscheiders auch online versendet. Wichtige Fragen im Interviewbogen: „Würden Sie uns ihren Bekannten und Freunden weiter empfehlen?“ und „Was schätzen Sie in vergleichbaren Catering-Betrieben, was wir auch anbieten sollten?“
Die Auswertung
Bei negativer Response des Kunden darf der Caterer keine Verteidigungshaltung einnehmen, nicht nach Rechtfertigung suchen. Eine Kundenkritik ist kein Angriff auf die Leistung des Anbieters, sondern eine aktuelle Standortbestimmung. Wer Kritik allerdings erfährt und nichts ändert, irritiert seine Kunden. Wenn bei einer zweiten Befragung der gleiche Punkt schlecht beurteilt wird, fragt sich der Kunde weshalb nichts verbessert wurde. Deshalb verpflichtet die Zufriedenheitsabfrage zu Änderungen. Kritik muss ernst genommen werden, ist eine Veränderung nicht möglich, wird das dem Kunden gegenüber von der Geschäftsführung mitgeteilt, oder das Kriterium aus dem Fragebogen entfernt.
Wie Leistungen bewertet werden
- Muss-Faktoren: Qualität und Quantität des Essens sind bei der Leistungsbeurteilung ein absolutes Muss. Bei Nichterfüllung lösen sie beim Gast Unzufriedenheit aus, erzeugen bei Erreichen keine signifikante Zufriedenheit. Nur das Übertreffen wird positiv registriert und löst Begeisterung aus.
- Soll-Faktoren: beziehen sich auf die Präsentation des Angebots, auf pünktliches Timing und Freundlichkeit des Personals. Werden sie nicht erreicht, werden nicht alle Gäste reklamieren, sie sind aber enttäuscht (Dunkelziffer). Sollfaktoren können nicht gegen Mussfaktoren aufgerechnet werden. Die Erfüllung der Muss-Faktoren hat größere Bedeutung.
- Plus-Faktoren: Mit Leistungen, mit denen der Gast absolut nicht rechnet, kann der Caterer überraschen, begeistern, verblüffen. Klaus Kobjoll („Wahre Herzlichkeit,“ Verlag Orell Füsslli, bezeichnet diese Stufe als „Überraschungsqualität“, mit der man Nachteile wie den schlechten Standort ausgleichen kann. Für einen repräsentativen Querschnitt braucht man möglichst viele vollständig ausgefüllte Beurteilungsformulare. Der Fragebogen ist auch bei der telefonischen Abfrage wie ein Leitfaden anwendbar, die Fragen werden vorgetragen, die Antworten angekreuzt. Bei negativer Response darf es nicht zu Diskussionen kommen. Eine Stellungnahme dazu erfolgt erst nach interner Prüfung des Sachverhalts. Umfragen müssen auch zu Konsequenzen führen. Wer Kritik erfährt und nichts ändert, irritiert Kunden bei der zweiten Abfrage. Bei kleineren Aufträgen wird auf die Zufriedenheitskontrolle verzichtet.
Toolbox
Unzufriedenheit ist eine zentrale Ursache dafür, dass Gäste ihre Loyalität zum Caterer aufkündigen und für Angebote des Wettbewerbers empfänglich werden. Wenn es aber gelingt, Zufriedenheit wieder herzustellen und Gäste zu halten, sind erhebliche ökonomische Vorteile zu erwarten.
Es ist sehr wichtig, Gästezufriedenheit zu entdecken, zu analysieren und mittels gezielter Maßnahmen wieder in Zufriedenheit umzuwandeln. Es geht darum, die negativen Auswirkungen von Gästeunzufriedenheit dadurch zu minimieren, dass man die vom Gast gewährte Chance nutzt entsprechend der Maxime, es beim zweiten Mal besonders richtig zu machen.
Unser Autor Rolf Leicher, Dipl.-Betriebswirt aus Heidelberg, ist Fachautor für Betriebs- und Personalführung, so wie Marketing.