Auf 1,5 Millionen wird zurzeit die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland geschätzt: Sie alle brauchen täglich etwas zu essen.
Es ist eine einfache Rechnung: Beträgt der Tagessatz für die Versorgung eines Flüchtlings 10 Euro, so lässt sich selbst bei kalkulierten Produktionskosten von 9 Euro mit Flüchtlingscatering eine Stange Geld verdienen. Versorgt ein Caterer 3.000 Flüchtlinge, sind das 3.000 Euro reiner Gewinn täglich – und 90.000 Euro im Monat. Keine Frage: Dieses Geld ist nicht nebenbei verdient. Alle, die in der Versorgung von Flüchtlingen tätig sind, haben in der Regel innerhalb weniger Tage ein komplettes Versorgungskonzept mit den entsprechenden Logistikwegen entwickelt und viele Überstunden investiert, um der Lage Herr zu werden. Hinzu kommt, dass einige Lieferanten und Dienstleister günstige Preise berechnen, um in der sozialen Notlage zu helfen. Dennoch ist es für die meisten gut verdientes Geld, das sie gar nicht eingeplant hatten. Viele Firmen profitieren: Metro hat beispielsweise gerade eine eigene Arbeitsgruppe gebildet, um die Nachfrage zu kanalisieren.
Kommt es zu einer Ausschreibung, macht derjenige das Rennen, der am günstigsten anbietet. „Wir sind verpflichtet, nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu vergeben“, sagt Dr. Daniela Hüttig, Pressesprecherin des Regierungspräsidiums Tübingen. Die Preise variieren: Abhängig von der Anzahl der Essen oder vom logistischen Aufwand lässt sich nicht für alle Standorte ein gleicher Essenssatz kalkulieren.
Doch nicht immer folgt die Vergabe einer Ausschreibung. „Oft muss es so schnell gehen, sodass man nicht die Chance hat, den Auftrag gleich auszuschreiben. Das Ministerium für Integration gibt uns hier die Möglichkeit, freihändig zu vergeben und erst nachträglich auszuschreiben. Trotz aller Hektik und Stress schließen wir aber in jedem Fall Verträge ab“, erklärt Dr. Hüttig. Diese Verträge laufen bei festen Einrichtungen über ein ganzes Jahr, in seltenen Fällen sogar über zwei Jahre.
In vielen Fällen stehen gar nicht unbegrenzt Caterer zur Verfügung, die innerhalb kürzester Zeit mehrere tausend Essen liefern können, oder die über die notwendige Logistik verfügen, um ihre Speisen in Lager zu bringen, die mehr oder weniger auf der grünen Wiese entstanden.
Für die Organisation und die Finanzierung der Unterbringung und Versorgung von Flüchtlingen sind die Regierungspräsidien der einzelnen Länder zuständig. Verantwortlich für die Hygiene vor Ort dagegen sind, wie in jeder herkömmlichen gastronomischen Einrichtung auch, die Lebensmittelüberwachungsbehörden. Wie streng urteilen sie im Falle von Flüchtlingen?
„Wenn bei jedem Kindergarten vor Ort der große Schlag getan wird, sobald die Heißhalte- und Kühlzeiten nicht eingehalten werden, dann sollte das auch für die Auslieferung von zum Beispiel 6.000 Essen gelten“, sagt Rainer Nuss vom Hygiene-Netzwerk. „Mir scheint aber, dass mit zweierlei Maß gemessen wird.“
Dennoch herrscht eine gewisse Nervosität bei allen Beteiligten: Täglich kommen neue Flüchtlinge nach, Unterkünfte müssen oft innerhalb weniger Tage eröffnet werden. Die Zeit, noch einmal mit der Hygienecheckliste zu kontrollieren, fehlt in diesen Situationen. Dies lässt sich jedoch nachholen. Nuss wurde beispielsweise als Hygienebeauftragter von der Firma Z-Event & Catering beauftragt, die im Heidelberger Raum mittlerweile 10.000 Flüchtlinge versorgt. Er empfahl dem Unternehmen, Eigenkontrollen durchzuführen und diese von neutralen Labors untersuchen zu lassen. Zusätzlich werden Rückstellproben genommen und eingefroren. „Wenn etwas passieren sollte, ist es für den Caterer wichtig, diesen Nachweis führen zu können“, sagt Nuss. Das Hygiene-Netzwerk berät in dieser Situation und führt Gerätehersteller mit Betreibern zusammen. Bewährt hat sich beispielsweise das mobile Handwaschbecken der Firma Polzer, das mit Wassertanks arbeitet. Das Essen wird häufig in alten Fabrikhallen ausgegeben, wo zwar manchmal ein Stromanschluss, meistens jedoch kein Wasseranschluss besteht. So können sich die Mitarbeiter vor der Ausgabe zumindest die Hände waschen.