Kaffee kostet bis zu 20 Prozent mehr, Pflanzenöl bis zu 40 Prozent: Für die Verbraucher hat das neue Jahr mit heftigen Preissprüngen bei einigen Lebensmitteln begonnen. Der Aufwärtstrend der Preise an den Rohstoffmärkte könnte auf weitere Produkte in den Lebensmittelregalen durchschlagen. So ringen einige Hersteller und Handelskonzerne bei Süßwaren um neue Konditionen. Der Preiskampf bei Lebensmitteln geht damit in eine neue Runde. Statt möglichst hoher Preissenkungen dürfte es jetzt eher darum gehen, die Preise möglichst lange zu halten. Profitieren dürften die Discounter.
Hersteller geben wachsende Rohstoffpreise weiter
Schlechte Nachrichten verkaufen Handelsunternehmen ungern – wie der Januar wieder einmal gezeigt hat: Aldi hob still und leise die Preise für Kaffee an und löste damit eine Welle im Lebensmittelhandel aus. Pflanzenöl und Sonnenblumenöl wurden ebenfalls bei Aldi deutlich teurer, wie Branchenexperten sagen. Der Spielraum für Preissenkungen, mit denen die Ketten fast jeden Monat werben, scheint bei vielen Lebensmitteln gleich Null zu sein. Angeführt von Aldi verbilligten Discounter und Supermärkte diesmal Drogeriewaren wie Toilettenpapier und Zahncreme.Lebensmittelhersteller wie der Schweizer Nestlé-Konzern hatten schon vor Monaten angekündigt, gestiegene Rohstoffkosten weiterzureichen. Der Konsumgüterriese Unilever, der unter anderem Langnese-Eiscreme, Lätta-Margarine oder Mazola-Pflanzenöl herstellt, will in diesem Jahr für einzelne Produkte mehr Geld vom Handel. Der französische Danone-Konzern dürfte ebenfalls auf den Zug aufspringen, schätzt die US-Bank JP Morgan. Auch der Schokoriegelproduzent Mars hat Preissteigerungen für einzelne Produkte angekündigt.
Keine Entspannung in Sicht
Die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie hält 2011 für die gesamte Branche Preiserhöhungen von 2 bis 3 Prozent für möglich. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden die Nahrungsmittel in Deutschland schon 2010 im Durchschnitt um 1,6 Prozent teurer. «Die Rohstoffpreise bleiben in diesem Jahr auf hohem Niveau», wie der Leiter der Rohstoffanalyse bei der Commerzbank, Eugen Weinberg, meint. Im vergangenen Jahr seien nicht nur Weizen, Zucker oder Kakao auf dem Weltmarkt deutlich teurer geworden. «Die Welle hat durchweg alle Rohstoffe erfasst und für zweistellige Zuwachsraten gesorgt», sagte er. Brände in Russland, Regen in Kanada oder Frost in China sorgten für schlechte Ernten. Spekulanten hätten den Preisanstieg beschleunigt.
Dennoch will Alain Caparros, Chef des zweitgrößten deutschen Lebensmittelhändlers Rewe, hart bleiben: «Wir lehnen Erhöhungen der Preise durch die Lebensmittelindustrie ab», sagte er dem Nachrichtenmgazin «Focus». Am Rande der Süßwarenmesse in Köln hätten einige Hersteller berichtet, ihnen sei der Durchbruch bei mehreren Handelsketten, darunter auch bei Rewe, gelungen.
Discounter profitieren von der Unsicherheit
Industrie und Handel zeigen in der hitzigen Debatte mit dem Finger gegenseitig auf sich. Ob die Verbraucherpreise steigen, sei Sache des Handels, heißt es bei einzelnen Herstellern. Der Rewe-Chef spielt den Ball zurück: Die Hersteller müssten auch selbst nach Lösungen suchen. Bei Renditen von durchschnittlich 1,5 bis 3 Prozent könnten Händler nicht länger steigende Rohstoffpreise durch den Verzicht auf die eigene Marge kompensieren, erklärte Caparros. «Preissteigerungen verschärften den Wettbewerb im Handel», sagt Matthias Queck vom Handelsinformationsdienst Planet Retail. «Wenn die Preise auf breiter Front steigen, ist der Verbraucher verunsichert. Das treibt die Kunden eher wieder zu den Discountern», schätzt er. Die Billiganbieter hätten in den vergangenen Jahren gegenüber den Supermärkten an Boden verloren. Preissenkungen schlügen bei Discountern wegen des schmaleren Sortiments stärker auf den Umsatz durch. Der gleiche Effekt sei bei Preiserhöhungen zu erwarten.
Rohstoffexperte Weinberg rät den Lebensmittelherstellern, besser vorzusorgen. Die wenigsten Unternehmen hätten sich mittels Kurssicherungsgeschäften gegen Preiskapriolen gewappnet. «Wir sehen das derzeit auch bei Textilien. Der Baumwollpreis verdoppelt sich, aber kaum ein Unternehmen ist abgesichert.» (dpa)