Die neuen EU-Strahlengrenzwerte für Lebensmittel aus Japan liegen höher als Obergrenzen nach der Tschernobyl-Katastrophe – die Bundesregierung dringt deshalb auf eine EU-weite Angleichung. “Der vorbeugende Verbraucherschutz muss Priorität haben”, sagte ein Sprecher von Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) am Freitag in Berlin. “Deshalb ist bei einer Vereinheitlichung aus Gründen des vorsorgenden Gesundheitsschutzes grundsätzlich immer der jeweils niedrigste, also sicherste Grenzwert anzuwenden.”
Als Folge der Atomkatastrophe in Japan hat die EU am vergangenen Wochenende eine Regelung in Kraft gesetzt, auf die sich die Europäische Union 1987 nach dem Atomunglück in Tschernobyl geeinigt hatte. Darin sind Grenzwerte für Lebensmittel enthalten, die mit radioaktivem Jod-131 oder Cäsium-134 verunreinigt sein könnten. Daneben gibt es eine andere Verordnung mit niedrigeren Grenzwerten, die nach Angaben der EU-Kommission nur für Lebensmittel galt, die in Folge der Tschernobyl-Katastrophe 1986 verstrahlt wurden.
Greenpeace hält Regelung für rechtswidrig
Der Präsident des Bundesamtes für Strahlenschutz, Wolfram König, hält eine Vereinheitlichung auf dem strengeren Niveau ebenfalls für geboten. “Höhere Grenzwerte als für die Produkte, die durch Tschernobyl belastet wurden, sind den Bürgerinnen und Bürgern nicht zu vermitteln”, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Das Grundprinzip des Strahlenschutzes sei die Minimierung zusätzlicher radioaktiver Belastungen. “Die in der EU-Eilverordnung jetzt vorgegebenen Grenzwerte sollten vor dem Hintergrund des heutigen Kenntnisstandes harmonisiert werden.” Die Berliner Zeitung hatte über die geforderte Vereinheitlichung berichtet. Die Verbraucherorganisation Foodwatch und die Bundestagsopposition hatten die höheren Grenzwerte für japanische Lebensmittel, die seit dem Wochenende gelten, scharf kritisiert.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hält die neue EU-Regelung für rechtswidrig. Die Grundlage sei eine EU-Verordnung von 2002, nach der Grenzwerte nur geändert werden können, wenn dies für einen besseren Verbraucherschutz erforderlich sei. Eine Rechtsexpertise sehe nun aber eine Verschlechterung des Schutzniveaus. “Dem Verbraucher wird nach der Nuklear-Katastrophe von Fukushima ein Mehrfaches an radioaktivem Cäsium zugemutet”, sagte Greenpeace-Chemiker Manfred Santen.
Das Bundesamt für Strahlenschutz sieht keine Gesundheitsgefahr.
Greenpeace forderte, alle Fische und Meeresfrüchte aus den Hauptfanggebieten des pazifischen Raumes zu berücksichtigen und Obergrenzen für weitere radioaktive Stoffe festzulegen. Die radioaktiven Partikel könnten mit den Meeresströmungen auch in die Beringsee getragen werden, aus der ein Großteil der in Deutschland verkauften Fische stammt.(dpa)
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