Nicht-Muslime können mit dem Begriff Halal und den damit verbundenen religiösen Speisevorschriften meist wenig anfangen. Für viele türkisch-muslimische Gastronomen sind dagegen die strengen HACCP-Vorschriften oft schwer nachvollziehbar. Seher Biricik-Günyak aus Krefeld will in beide Richtungen wirken und Brücken schlagen. (Von Sabine Hartleif)
Im Januar 2017 gründete Seher Biricik-Günyak, deren Eltern aus der Türkei stammen, das Beratungs- und Catering-Unternehmen Kanbi und legte gleich einen fulminanten Start hin: Als Subunternehmerin von Aramark bewies die 40-Jährige auf der Koelnmesse, dass das Angebot von Halal-Essen, also von Speisen, die nach den religiösen Vorschriften für Muslime erlaubt sind, eine echte Marktlücke ist.
Frau Biricik-Günyak, wie erklären Sie sich den großen Erfolg von Kanbi auf der Koelnmesse?
Messen sind internationale Veranstaltungen, zu denen Muslime aus der ganzen Welt anreisen. Die laufen tagelang durch die Hallen und wollen zwischendurch auch etwas essen. Das tun sie aber nur, wenn die Mahlzeiten halal sind. Im Januar 2017 waren wir mit Speisen nach Halal-Richtlinien erstmals auf der Koelnmesse in einem Snackpoint in Halle 11.1 West. Unser Angebot erstreckte sich von Börek, einer klassischen Teigware, bis hin zur traditionellen Simit, einer normalerweise runden, mit Sesam überzogenen Backware. Diese wird auf der Messe frisch aufgebacken und mit türkischem Weißkäse oder Geflügelwurst und auch mal vegan mit Aubergine und Zucchini belegt.
Der Snackpoint war ein Pilotprojekt in Kooperation mit Aramark, um zu testen, wie gut türkisches Halal-Essen auf Messen ankommt. Der Erfolg war enorm. Auf der Gamescom im Sommer bezogen wir dann mit unserem „Orient Okzident Food Halal“ ein Restaurant mit 197 Sitzplätzen und haben dort knapp 5.000 Gäste binnen fünf Tagen bedient.
Nach Angaben der Mastercard & Crescent Rating Agentur waren 2015 rund 117 Millionen Muslime weltweit auf Reisen. Auf Platz 1 der fünf wichtigsten Punkte, die muslimische Reisende unter anderem in Deutschland vermissen, steht Halal-Food.
Für Betriebsrestaurants müsste Halal-Food doch eigentlich auch sehr interessant sein, oder?
Ja, auf jeden Fall! Aber fragen Sie einmal deutsche Gastronomen in der Gemeinschaftsverpflegung, wie viele muslimische Gäste oder Mitarbeiter sie im Durchschnitt jährlich bewirten. Dann bekommen Sie als Antwort „keine“ oder „ich weiß es nicht.“ Die Realität sieht oft so aus, dass Muslime ihre mitgebrachten Speisen in der Umkleidekabine essen.
Sie könnten doch auch ein schweinefleischfreies Essen wählen…
Einfach nur auf Schweinefleisch verzichten, reicht eben nicht. Es kommt auch auf die richtige Zubereitung und anderes mehr an. So dürfen die Küchenmesser nicht mit Schweinefleisch oder Alkohol kontaminiert sein, um nur ein Beispiel zu nennen. Obwohl Schulcaterer in Gegenden mit vielen muslimischen Kindern kaum mehr Schweinefleisch anbieten, dürfen manche Kinder deshalb nur die Wurst und das Fleisch essen, das ihre Mütter ihnen mitgeben.
Oft scheitert ein Halal-Angebot in der Gemeinschaftsverpflegung ja auch an der Zertifizierung, die vielen Küchenchefs zu kompliziert ist.
Es gibt immer einen Weg, man muss es nur wollen. Eine Möglichkeit wäre es, zusätzlich einen eigenen Caterer für Halal-Food zu beauftragen. Viele Firmen nehmen ja schon ganz selbstverständlich Rücksicht auf ihre muslimischen Mitarbeiter und respektieren etwa ihre religiösen Feiertage. Aber was das Essen angeht, gibt es noch viel zu wenig Bewegung. Hier wollen wir eine Brücke schlagen.
Das vollständigen Interview lesen Sie in der Print-Ausgabe 12/2017 von CATERING MANAGEMENT. »Hier geht es zur Bestellung.