Für die einen ist es eine Verbesserung von Tierrechten, für die anderen die Verletzung der Rechte religiöser Minderheiten in Polen. Der Streit um das Schächten von Tieren ist nach einer Abstimmung im Parlament neu entflammt.
In Polen ist die Regierung mit einem Plan gescheitert, wieder «rituelle Schlachtungen» zuzulassen. Die Gesetzesinitiative fand am Freitag im Parlament keine Mehrheit. Auch mehr als 40 Abgeordnete der liberal-konservativen Bürgerplattform trugen mit Gegenstimmen und Enthaltungen dazu bei. Vertreter der jüdischen Minderheit in Polen zeigten sich in ersten Stellungnahmen schockiert über die Entscheidung.
Die Regierung wollte die Schlachtung von Tieren in Schlachthöfen nach jüdischen und muslimischen Vorschriften – ohne Betäubung und mit einem Schnitt durch die Halsschlagader – wieder erlauben. Das Verfassungsgericht Polens hatte diese Art der Schlachtung im November für verfassungswidrig erklärt.
«Das Ergebnis der Abstimmung war ein Schock für uns», erklärten Polens Oberrabbiner Michael Schudrich und Piotr Kadlcik, der Leiter des Verbands der Jüdischen Gemeinden, in einer Stellungnahme. Die Entscheidung verletze die Rechte von Juden und Muslimen, die nun entweder teures Importfleisch kaufen müssten, das den religiösen Vorschriften entspreche, oder ganz auf Fleisch verzichten. Es sei schwer, die Parlamentsentscheidung nicht als Heuchelei und Diskriminierung religiöser Minderheiten zu sehen, so lange etwa nach polnischem Recht das Töten von Tieren bei einer Jagd erlaubt bleibe.
Polens Fleisch-Industrie fürchtet nun Exporteinbußen von bis zu 1,5 Milliarden Zloty (mehr als 400 Millionen Euro). In Polen selbst ist die Zahl der Verbraucher, die sich koscher oder halal (arabisch: geeignet oder zulässig) ernähren, nur gering. Das Land exportiert aber nach Israel, in die Türkei und in arabische Staaten.(dpa)