Die Quelle der lebensgefährlichen EHEC-Infektionen in Deutschland liegt wieder völlig im Dunkeln. Spanische Gurken, die zunächst mit den Erkrankungen in Zusammenhang gebracht worden waren, sind nach neuen Laboruntersuchungen nicht der Auslöser. Tests bei in Hamburg sichergestellten Gurken zeigten keine Übereinstimmung mit dem grassierenden Erreger des Typs O104, der aus Stuhlproben von Patienten isoliert wurde. «Nach wie vor ist die Quelle nicht identifiziert», sagte Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) am Dienstag. In Spanien macht sich derweil Ärger über das deutsche EHEC-Krisenmanagement breit: Dort ist die Landwirtschaft in die schlimmste Krise der jüngeren Geschichte gestürzt.
Andere Keime nachgewiesen
Nach Angaben der Hamburger Senatorin wurden jedoch andere EHEC-Keime auf den Gurken aus Spanien nachgewiesen. Zudem lägen die Ergebnisse von zwei weiteren Proben noch nicht vor. Nach Ansicht von Prüfer-Storcks war es dennoch richtig, die Untersuchungsergebnisse vor einigen Tagen zu veröffentlichen. “Denn die Verunreinigungen können sehr wohl EHEC auslösen.” Der Schutz von Leben müsse wichtiger sein als wirtschaftliche Interessen.
Solange die Ursache des EHEC-Ausbruchs unklar ist, gelte weiterhin die Warnung des Robert Koch-Instituts (RKI). Die Behörde hatte davon abgeraten, Tomaten, Salatgurken und Blattsalate – insbesondere in Norddeutschland – roh zu essen.
Spanien forderte indes die sofortige Wiederaufnahme des kompletten Handels mit spanischem Gemüse. Nach der Warnung aus Hamburg hatte ein Land in Europa nach dem anderen seine Grenzen für spanisches Gemüse geschlossen. Spanische Branchenkreise bezifferten die Verluste der Bauern auf 200 Millionen Euro pro Woche.
Spanien will Entschädigungen
Die spanische Agrarministerin Rosa Aguilar sagte am Dienstag in Debrecen (Ungarn), ihr Land wolle auf EU-Ebene Entschädigungen für alle europäischen Landwirte verlangen, die wegen EHEC Verluste haben.
“Wir sind enttäuscht von der Art, wie Deutschland mit dieser Krise umgegangen ist.” Niemand habe sich in ihrem Land direkt mit EHEC infiziert. Dies zeige, dass die Ursache auch woanders liegen könne.
Nun muss die Suche nach der Infektionsquelle wieder bei Null beginnen. Laut Prüfer-Storcks würden im Hamburger Hygiene-Institut auch etliche andere Lebensmittel untersucht. Möglicherweise hilft dabei ein neuer Schnelltest aus Münster, der den lebensgefährlichen Darmkeim innerhalb von vier Stunden bis zu einem Tag nachweisen kann – sowohl bei Menschen als auch auf Gemüse. «Es ist ein Werkzeug für die Suche nach der Quelle», sagte ein Sprecher der Uniklinik Münster. Es sei speziell auf den aktuell grassierenden EHEC-Stamm zugeschnitten.
Klarheit über die Infektionskette
Gleichzeitig gab das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) am späten Abend in Berlin bekannt, ebenfalls ein spezifisches Erkennungssystem für den aktuellen EHEC-Keim in Lebensmitteln entwickelt zu haben. “Wir hoffen, dass dieser Test dazu beiträgt, die Quelle für die Infektionen mit dem EHEC-Stamm O104:H4 aufzudecken und die risikobehafteten Lebensmittel schnell aus dem Markt zu nehmen sowie Klarheit über die Infektionskette zu verschaffen”, sagte BfR-Präsident Andreas Hensel.
Der Test sei am Nationalen Referenzlabor (NRL) in Berlin zusammen mit Experten der französischen Lebensmittelagentur Anses entstanden. Die Methode sei bereits den Untersuchungslabors der Bundesländer zur Verfügung gestellt worden, hieß es in einer Mitteilung.
Zahl der deutschen Toten steigt auf 15
Die Zahl der Todesopfer in Deutschland stieg derweil auf 15 – davon sind 13 Frauen. Inzwischen gibt es bundesweit mehr als 1500 EHEC-Infektionen und Verdachtsfälle, vor allem im Norden. Allein in Hamburg wurden bisher fast 600 EHEC- und Verdachtsfälle gemeldet. Viele Patienten leiden unter einem besonders schweren Verlauf, dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS). Es kann unter anderem zu Nierenversagen und Hirnschäden führen.
Zudem meldete Schweden als erster weiterer EU-Staat den ersten EHEC-Todesfall. In dem Land gibt es nach Angaben der Behörden etwa 40 bestätigte EHEC-Fälle. In vielen anderen Ländern mehren sich die bestätigten und die Verdachtsfälle. (dpa)
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