Made to order, frisch und für mich persönlich, heißt der neue Trend aus den USA. Sie aufzuspüren ist Aufgabe von Alissa Stehr. Als Director of Purchasing & Sourcing bei der Hubert Europa Service GmbH, einem internationalen Spezialversandhändler für die Gastronomie, Hotellerie und Retail, steuert sie das Sortiment, trifft Produktentscheidungen und veranlasst Produktentwicklungen – auch in Absprache mit Großkunden wie Contract-Caterern und der Gastronomie.
Frau Stehr, was ist Food-Merchandising eigentlich genau?
Letztlich dreht sich beim Food-Merchandising alles um die Frage, wie Speisen präsentiert werden können, so dass sich der Gast angesprochen fühlt, sein Geld in dieser Betriebsrestauration ausgibt und gerne wiederkommt.
Und was macht eine gute Speisenpräsentation aus?
In Fachkreisen spricht man von den fünf Elementen des Merchandisings, unabhängig davon, ob die Speisen am Büfett oder an der Ausgabetheke präsentiert werden sollen. Das erste Element ist, eine Landschaft zu bilden. Hier geht es darum, gekonnt mit den Höhen, Tiefen und Breiten an der Ausgabestation zu arbeiten, und auf diesen verschiedenen Ebenen Speisen so zu präsentieren, dass der Gast alles auf einen Blick sieht.
Das zweite Element ist die Farbe. Je nach Thema oder Corporate Design kann man mit Farben Akzente setzen. In der Hauptlastzeit empfiehlt es sich, weniger Farbe zu verwenden, da vor den Ausgaben sowieso schon viel Trubel herrscht und viele Reize auf den Gast einprasseln. In Schwachlastzeiten kann man Farben offensiver einsetzen, da man meist auch weniger Speisen im Angebot hat. So entsteht trotzdem ein Eindruck von Fülle.
Das dritte Element sind Materialien und Oberflächen. Holz- und Schieferoptiken helfen, sich von dem im GV-Segment gebräuchlichem Edelstahllook abzusetzen und schaffen eine ansprechende Theke. In Emaille anrichten ist ebenfalls ein neuer Trend. Der Gast nimmt so die Wertigkeit und Qualität der Produkte eher wahr. Das greift schon nach relativ kurzer Zeit.
Mindestens ebenso wichtig ist das vierte Element: die Beschilderung oder Auszeichnung. Mit einer durchdachten Speisenauszeichnung wertet man sein Angebot auf. Wichtig sind genaue Bezeichnungen, die viel vom Produkt erzählen. Da fühlt sich der Gast wertgeschätzt. Das fünfte Element ist das Gesamtkonzept oder auch das Dekor. Da geht es um die Frage, welche Botschaft den Gast erreichen soll.
Was könnte die Botschaft sein. Haben Sie dafür ein Beispiel?
Eine Botschaft, die in den USA stark gespielt wird und auch bei uns an Bedeutung gewinnt, ist: anything, anytime. Dem Gast wird signalisiert, er kann zu jeder Zeit alles bekommen. Dementsprechend haben sich auch die Bedürfnisse des Gastes verschoben. Der Tag strukturiert sich nicht mehr klassisch nach Frühstück, Mittagessen und Abendessen, Mahlzeiten, von denen lange allenfalls das Mittagessen außer Haus eingenommen wurde. Das hat sich komplett gewandelt. Der Außer-Haus-Verzehr wächst rasant. In den USA werden mittlerweile 80 % aller Speisen außer Haus verzehrt. Die Verantwortung der Betriebe und der Betriebsgastronomie liegt darin, das aufzufangen.
Die Frage ist, was kann man tun, damit sich der Mitarbeiter sein Frühstück auf dem Weg zur Arbeit nicht beim Bäcker um die Ecke, sondern im Betrieb holt.
Und was kann man da tun?
Ansätze dafür, die man auch hierzulande vermehrt sieht, sind Kioske und Cafeterien mit Snack-Angebot oder Grab-and-Go-Stationen. In den USA setzt man außerdem auf Franchising oder Shop-in-Shop-Lösungen. In den USA, und vereinzelt auch in Deutschland, holen sich Großunternehmen die populärsten Franchise-Betriebe aus dem Stadtumfeld bereits ins Haus, um ihre Mitarbeiter nicht an die Gastronomie von draußen zu verlieren.
Dazu mieten sich die Food-Ketten auf dem Unternehmensgelände an und sorgen in Ergänzung des Betriebsrestaurants für ein Zusatzangebot, zum Beispiel mit einem Coffee-Corner oder einer Burger- oder Pizza-Station. Viele dieser Franchise-Unternehmen setzen dabei auf den verkaufsfördernden Effekt der Erlebnisgastronomie, backen die Pizza zum Beispiel vor den Augen des Gastes im Steinofen. Denn der Gast will sehen, wie die Speisen zubereitet werden. Er will, dass sie frisch und für ihn persönlich zubereitet werden. Made to order heißt dieser Trend in den USA.
Kann denn der Mitarbeiter seine privaten Verzehr-Vorlieben so einfach auf die Betriebsgastronomie übertragen?
Letztlich ist es der Gast, der entscheidet, wann und wo er isst. Und die Außer-Haus-Gastronomie bietet ihm dazu immer mehr Wahlmöglichkeiten. Es mag ja sein, dass die Betriebskantine von 12 bis 14 Uhr ein hervorragendes Mittagessen anbietet. Wenn der Mitarbeiter aber von 9 bis 15 Uhr von Meeting zu Meeting eilt, hat er vielleicht weder Zeit noch Muße, dieses Angebot wahrzunehmen. Da wäre ihm mit einem frischen Salat im Grab-and-Go-Angebot besser gedient.
Die Tendenz geht generell dahin, dass der Mitarbeiter mit seinen Arbeitszeiten flexibel sein muss, also will er es auch mit seinen Essenszeiten sein. Wenn die Betriebsgastronomie auf solche Vorlieben nicht reagiert, wird sie ihre Gäste verlieren. Denn die Gastronomie rund um das Unternehmen nimmt dieses Marktpotential durchaus wahr. Jeder Metzger oder Bäcker reagiert darauf und baut das Spektrum seiner heißen Theke aus. Für Küchenchefs ist das eine Herausforderung, aber auch eine Chance. Mit einem ganztätigen Angebot erzielt man einen höheren Umsatz als mit einem reinen Mittagsgeschäft. (htl)