Eine aktuelle Umfrage des K&P Consult hat eines deutlich gemacht: Das Konzept der heutigen Betriebsgastronomie passt in den wenigsten Fällen zu den Anforderungen des „New Normal“. Küchen und Gasträume sind meist zu groß und in der Funktionalität zu sehr auf das Mittagessen fokussiert. Das Businessmodell der klassischen Betriebsgastronomie gerät ins Wanken: Die meisten Cateringverträge müssen auf eine neue Basis gestellt werden und die Kantinenrichtlinien gehören nach 65 Jahren in Rente geschickt.
Während die meisten Betriebsgastronomien derzeit auf Sparflamme kochen und die Tischgastzahlen meist nur verhalten wieder ansteigen, arbeiten die Fachabteilungen der Unternehmen intensiv an der „Betriebsgastronomie nach Corona“.
New Work heißt auch New Eat
„New Normal“ heißt für die meisten Unternehmen zunächst, eine neue Arbeitskultur rund um mehr Homeoffice und Flexibilität zu entwickeln. Etliche Unternehmen arbeiten bereits seit Jahren an „New Work“-Konzepten, aber Corona wirkt nun als Beschleuniger dieser Veränderungsprozesse. Als „Wohnzimmer des Unternehmens” kommt der Gastronomie in den neuen Arbeitswelten eine wichtige Rolle zu, um die neue Art der Zusammenarbeit erfolgreich zu etablieren.
Auch der Megatrend der Digitalisierung bekommt durch Corona einen Schub in der Betriebsgastronomie. Um bei geringerer Sitzplatzkapazität dem Ansturm gerecht zu werden, hat z. B. die Telekom in ihren Restaurants ein digitales Auslastungsbarometer konzipiert, mit dem potenzielle Kantinengäste schon vom Arbeitsplatz aus prüfen können, ob gerade Plätze frei sind oder die Kantine voll ist. „Da ein für uns passgenaues und vor allem präzises System nicht kurzfristig auf dem Markt verfügbar war, haben wir uns kurzerhand entschieden, selbst ein solches Auslastungstool zu programmieren. So können unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihre Pause optimal legen und Wartezeiten vermeiden“, berichtet Christof Heinrichs, zuständig für das Zentrale Catering Management der Deutsche Telekom AG.
Betriebsgastronomie wird neu gedacht
Wenn Corona langfristig überwunden ist und die Mitarbeiter weiterhin seltener ins Unternehmen kommen, wird die bestehende Gastronomie eher überdimensioniert sein. „Letztlich bietet sich die Chance für eine grundsätzliche Transformation der Gasträume in ganztägige, multifunktionale Kommunikationsflächen, die eine neue Form der Zusammenarbeit und dazu passend ein kreatives gastronomisches Angebot ermöglichen!“, sieht Susanne Schölzel, Catering-Verantwortliche bei der Deutsche Bank AG.
Veränderte Arbeitsbedingungen, weniger Konferenzen und Tischgäste, neue Hygieneregeln etc. – die bisherigen Konzepte der Betriebsgastronomie müssen überdacht werden. Auch die bestehenden Verträge mit den Dienstleistern passen nicht mehr zur neuen Situation. „Alle Budgets müssen neu kalkuliert und die Verträge müssen flexibler werden, um auf die Veränderungen reagieren zu können“, unterstreicht ein Verantwortlicher für Betriebsrestaurants an mehreren Standorten in ganz Deutschland.
Bedeutet Corona das Aus für die Behördenkantine?
Nur wenige der Befragten fordern eine Unterstützung der Politik. Zwar hilft Kurzarbeitergeld die Catering-Teams mittelfristig an Bord zu halten, die Mehrwertsteuersenkung hilft der Betriebsgastronomie jedoch kaum. Für Behörden und öffentliche Unternehmen steht die Betriebsgastronomie nach Corona vor einer kaum lösbaren Aufgabe: Weniger Tischgäste und einbrechende Umsätze im Konferenz- und Veranstaltungsbereich lassen das Businessmodell nach den Bundeskantinenrichtlinien zusammenbrechen. Die Richtlinien untersagen es öffentlichen Auftraggebern, den Betreiber oder die Tischgäste direkt zu subventionieren. „Daher sind Kantinen in Behörden und öffentlichen Einrichtungen von einer massiven Schließungswelle bedroht“, ist sich ein Gastronomieverantwortlicher sicher.
Demnach verwundert es nicht, dass im Ergebnis der überwiegende Teil der Befragten aus öffentlichen Einrichtungen eine Anpassung der Bundeskantinenrichtlinien fordert. Denn vielmehr sei es wichtig, gerade im Sinne des betrieblichen Gesundheitsmanagements, eine gesunde Ernährung am Arbeitsplatz zu ermöglichen und zu fördern.
Das neue Credo: Blick nach vorn!
Corona bedeutet also für die Branche eine Zäsur, die grundlegende Veränderungen für die kommenden Jahre und für viele Einrichtungen schwere Einschnitte bedeutet. Gleichzeitig ist es auch eine Chance, die Betriebsgastronomie viel stärker in den Unternehmen zu verankern und zu einem neuen Selbstverständnis jenseits der Sozialleistung zu gelangen. Daher sind wir alle gefordert, die neuen Anforderungen der Post-Corona-Unternehmen aufzugreifen und die neue Betriebsgastronomie jetzt zu entwickeln und zu etablieren.