Die Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) empfiehlt aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie, eine Verjährungsfrist für die Betriebsschließungsversicherungen zu vereinbaren.
Den von der Coronakrise besonders betroffenen Gastronomen und Hoteliers riet die Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht bereits im April dieses Jahres, eine formlose Schadenmeldung bei ihrer Betriebsschließungsversicherung einzureichen. Nun, fünf Monate später, ist Bewegung in das Thema gekommen: Mit einem Urteil vom 1. Oktober 2020 (AZ 12 O 5895/20) erklärte das Landgericht München erstmals ausdrücklich eine in dem Versicherungsvertrag verwendete Klausel für intransparent und ungültig. Dem klagenden Gastronom wurde rund eine Million Euro zugesprochen.
Zum Hintergrund: In der zitierten Verhandlung vor dem Landgericht München ging es um ein Verfahren gegen die Allianz, die Verhandlung fand am 31. Juli 2020 statt. Die Vorsitzende Richterin bezog sich in ihrem Urteil auf die Versicherungsbedingungen einer Betriebsschließungspolice, die einerseits in einer Klausel auf unbenannte Erreger beziehungsweise auf das Infektionsschutzgesetz verwies, andererseits aber eine namentliche Aufzählung von Erregern enthielt. Für den Versicherungsnehmer sei auf diese Weise nicht erkennbar, dass hier eine Lücke existiere. „Vom Versicherungsnehmer kann nicht verlangt werden, das Infektionsschutzgesetz minutiös zu analysieren, um die Bedingungen seines Versicherungsvertrages zu verstehen“, erläutert der Fachanwalt für Versicherungsrecht Sven-Wulf Schöller von der Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht.
Tipp: Verjährungsverzicht vereinbaren
„Zwar behandelt die Literatur die Frage der Eintrittspflicht des Versicherers unterschiedlich“, kommentiert der Fachanwalt für Versicherungsrecht Joachim Cornelius-Winkler, ebenfalls Arbeitsgemeinschaft Versicherungsrecht, „in der Praxis reicht es für den Versicherungsnehmer aber bereits aus, dass beide Auslegungsmöglichkeiten vertretbar sind.“ Cornelius-Winkler betont, dass dies keineswegs eine generelle Aussage zulasse, rät jedoch Versicherungsnehmern, die nicht klagen möchten, in jedem Fall zu versuchen, einen Verjährungsverzicht zu vereinbaren. Denn sollte der Versicherer den Antrag auf Schadenersatz ablehnen, würden die Ansprüche des Versicherungsnehmers nach drei Jahren verjähren. Rechtsanwalt Schöller ergänzt: „Auch nach dem Münchner Urteil bleibt die Zahlungspflicht der Versicherer abhängig vom Einzelfall.“ Daher empfehlen beide Fachanwälte dem Versicherungsnehmer, in jedem Fall fachanwaltliche Unterstützung in Anspruch zu nehmen – dazu sollten unbedingt die Versicherungsbedingungen vorgelegt werden.
Sich durch einen Verjährungsverzicht mehr Zeit zu verschaffen, ist deshalb sinnvoll, weil möglicherweise in den nächsten Jahren ein eventuelles Revisionsverfahren beim BGH abgeschlossen sein wird. Eine BGH-Entscheidung würde neue Voraussetzungen für eine Klage schaffen.