Ein gut gepflegtes Warenwirtschaftssystem erleichtert die Umsetzung der Lebensmittelinformations-Verordnung. Wichtig ist jedoch auch die Haltung der Mitarbeiter einer Küche: Sie müssen sich als Dienstleister begreifen.
Ein Vorreiter auf dem Gebiet der Deklarationen von Speisen in der Gemeinschaftsverpflegung ist Andreas Reckziegel, Leiter der Verpflegungseinrichtungen des Hephata Diakoniezentrums im nordhessischen Schwalmstadt. Mit 2.000 Essen täglich versorgt die Küche die eigenen Wohn- und Arbeitsstätten für Menschen mit Behinderungen, die Fach-Klinik für Neurologie, Psychatrie und Psychotherapie mit 80 Betten, die Integrative Hephata-Kindertagesstätte und die Mitarbeitenden der jeweiligen Einrichtungen sowie, extern, fünf Schulmensen und zwei Kindergärten. Seit 1998 arbeitet die Küche mit dem Cook & Chill-System. Sie ist nach ISO-Norm zertifiziert und hat auch die EU-Zulassung als lebensmittelproduzierender Betrieb. Insgesamt deckt der Betrieb 70 Sonder-Kostformen ab.
Schon im Jahre 2008 wurde in der Hephata-Küche freiwillig die Kennzeichnung von Allergenen in Speisen eingeführt, und heute noch einmal überarbeitet. „Die Allergene sind mit Buchstaben gekennzeichnet, zusätzlich deklarieren wir alle Produkte mit Schweinefleisch sowie die Zusatzstoffe, sagt Andreas Reckziegel. Um sicherzustellen, dass die Kunden diese Informationen erhalten, hat man bei Hephata schon früh eine Kundeninformation, erarbeitet, die eine genaue Auflistung deklarierungspflichtiger Daten enthält. Die Speisepläne werden im Warenwirtschaftssystem erstellt, der Kunde kann sie online einsehen und sich ausdrucken. Es besteht die Möglichkeit, sie mit der Kennzeichnung der Allergene auszudrucken oder mit der Allergenkennzeichnung plus Zusatzstoffe oder aber nur das Schriftfeld ohne Kennzeichnung. Welche Form er wählt und an seine Gäste weitergibt, bleibt dem Kunden überlassen. Wenn er allerdings die einfache Version ohne Kennzeichnung ausdruckt, muss er neben dem Speiseplan die Kundeninformation im Umfang von zwei DinA4-Seiten aushängen. Darüber hinaus verfügt jede Hephata-Verkaufsstelle über einen PC, von dem aus Einsicht in die Rezepturen im Warenwirtschaftssystem genommen und somit auch Auskunft gegeben werden kann. Zu Beginn waren es die Kunden nicht gewohnt, dass etwas deklariert wird. „Wenn zu viel auf dem Speiseplan steht, ist das für den Gast erst einmal negativ, selbst wenn das Gericht dasselbe ist wie sonst auch“ sagt Reckziegel. „Wir haben deshalb erst einmal Informationsveranstaltungen durchgeführt.“
Welches Kochsystem eine Küche auch verwendet, die Deklaration steht und fällt nach Meinung von Andreas Reckziegel mit dem Warenwirtschaftssystem. „Ein Küchenleiter, der über EDV arbeitet, und dort auch seine Zutaten und Rezepturen eingepflegt hat, hat es einfacher, die neue Lebensmittelinformations-Verordnung umzusetzen. Denn dann sind alle Zutaten, vor allem die allergenen und deklarationspflichtigen, erfasst und transparent.“ Noch einfacher wird es, wenn die entsprechenden Programme von Lieferanten unterstützt werden und Daten über Lebensmittel direkt eingepflegt werden können. Die kennzeichnungspflichtigen Zutaten per Hand aufzulisten hält Reckziegel dagegen für einen sehr hohen Aufwand.
Deklaration hin oder her: Die Köche müssen nach der Rezeptur kochen. Tun sie das? „Die Mitarbeiter müssen geschult sein“, sagt Reckziegel. Wir sind Dienstleister, und das müssen wir auch unseren Mitarbeitern bewusst machen. Wenn ein Koch einen Rest Sahne untermischt, kann ein Gast mit Laktose-Intoleranz Probleme bekommen. Dafür müssen die Mitarbeiter erst ein Verständnis entwickeln.“ Und wo bleibt die künstlerische Freiheit des Kochs? „Die haben wir ja, wenn die Rezepturen entwickelt werden. Die Rezepturen entwickeln die Kollegen und ich zusammen, und dann hat jeder auch die Möglichkeit nach seinem Gutdünken zu arbeiten.“
Doch auch die Kochergebnisse fallen bei Hephata unterschiedlich aus: Gewürze werden dort nicht in Gramm angegeben, sodass beispielsweise der Erbseneintopf mal mehr und mal weniger nach Majoran schmecken kann. Ein unterschiedliches Geschmacksergebnis ist jedoch gewollt: „Wir versorgen unsere Kunden ein Leben lang. Es soll nicht immer gleich schmecken.“ Auch Wiener Würstchen bezieht der Verpflegungsbetrieb von vier verschiedenen Lieferanten, um Geschmack und Äußeres zu variieren. Ein Problem bei der Deklaration sieht Reckziegel trotzdem nicht: „Unabhängig vom Lifeferanten sind ja alle Produkte und ihre Zutaten in der EDV verfasst und somit auch transparent.