Kinder und Jugendliche verzichten immer öfter auf ihr Frühstück. „Keine Zeit“ und „kein Hunger“ sind die häufigsten Ausreden. Doch gerade der Verzicht auf die erste Mahlzeit am Tag erhöht das Risiko für Übergewicht und Herzkreislauferkrankungen. Wie man Kinder zum Frühstück motiviert, war Thema der Dreiländertagung „Ernährung 2016“ in Dresden.
Welche Folgen der Verzicht aufs Frühstück hat und wie die Akzeptanz fürs Frühstück gefördert wird, zeigten Professor Dr. Hans Hauner, Professor Dr. Christoph Klotter und Professor Dr. Mathilde Kersting auf der Dreiländertagung „Ernährung 2016“ in Dresden.
Auf dem Symposium „Frühstück von Kindern und Jugendlichen – Aktuelle Trends und Empfehlungen“ von Cereal Partners Deutschland waren sich die Referenten einig: Es ist wichtig, Kinder und Jugendliche zum Frühstück zu motivieren.
Psychologische und lebensmittelbezogene Handlungsansätze helfen Ernährungsfachkräften und Eltern, dies umzusetzen. Dazu gehört, den Heranwachsenden nichts zu verbieten und sie bei der Gestaltung des Frühstücks einzubeziehen. Ausgewogene Mahlzeiten lassen sich den Vorlieben der Kinder und Jugendlichen entsprechend aus vier Lebensmittelgruppen individuell zusammenstellen.
Warum Kinder und Jugendliche auf das Frühstück verzichten
„Seit einigen Jahren beobachten wir den Trend, dass Kinder und Jugendliche immer häufiger auf das Frühstück verzichten. Dies zeigt sich insbesondere, je älter sie werden“, sagte Professor Hauner. Hauner ist Direktor des Else Kröner-Fresenius-Zentrums für Ernährungsmedizin am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München und am Wissenschaftszentrum Weihenstephan. „So frühstücken nur 52 % der 14- bis 17-jährigen Jugendlichen regelmäßig gegenüber 88 % der 3 bis 6-jährigen Kinder“, so der Ernährungsmediziner.
Entscheidende Einflussfaktoren auf das Frühstücksverhalten seien Zeitmangel und Hektik. Dass es beim Frühstück hektisch sei, sagen 43 Prozent der Kinder. Kinder nennen zudem häufig „Zeitmangel“ und „kein Hunger“ am frühen Morgen als Gründe, das Frühstück auszulassen. Auch ein geringes Bewusstsein für die Familienkultur oder bei Jugendlichen eine angestrebte Gewichtsreduktion seien mögliche Ursachen für dieses „Breakfast Skipping“.
Quelle für Nährstoffe, Nahrung fürs Gehirn
Den zunehmenden Frühstücksverzicht sieht Hauner insbesondere vor dem Hintergrund kritisch, dass ein Frühstück wichtig für die Nährstoffversorgung von Kindern und Jugendlichen sei. Zugleich steigere es die kognitive Leistungsfähigkeit sowie die Aufmerksamkeit. Auch die gesundheitlichen Effekte seien zu berücksichtigen: „Beispielsweise sind Kinder und Jugendliche, die frühstücken, seltener übergewichtig und weisen sowohl einen niedrigeren Body Mass Index (BMI) als auch geringere kardiovaskuläre Risikofaktoren auf als Kinder, die nicht frühstücken.“
Den Tag langsam beginnen
Dass Frühstücken nicht nur aus ernährungsphysiologischer, sondern auch aus psychologischer Sicht wünschenswert ist, erläuterte Professor Dr. habil. Christoph Klotter, Professor am Fachbereich Oecotrophologie der Hochschule Fulda. Die morgendliche Mahlzeit sei beispielsweise für den Familienzusammenhalt und für die Entschleunigung des Tagesablaufs relevant. Mit Hilfe von psychologischen Handlungsempfehlungen können ein langfristiger Lebensstilwandel herbeigeführt und dadurch ein regelmäßiges Frühstück im Alltag verankert werden.
„Um die Frühstücksmotivation zu erhöhen, ist es ratsam, dass Eltern die Signale ihrer Kinder beobachten und sie bei der Gestaltung des Frühstücks mit einbeziehen. Dadurch fühlen Kinder sich ernst genommen“, riet der Ernährungspsychologe. „Ernährungsfachkräfte motivieren Eltern am besten dazu, Kinder nicht mit Aufforderungen wie ‚du musst frühstücken‘ zu konfrontieren, sondern eher zu fragen ‚was schmeckt dir?‘.“
Zweites Frühstück in der Schule
Dabei sei es wichtig, dass Vorlieben und Gewohnheiten von Kindern ebenso berücksichtigt werden wie Tradition und Kultur. „Um das Frühstücksverhalten zu verbessern, sollten Eltern für die Vielfalt an Frühstücksvarianten möglichst offen sein und keine Verbote aussprechen“, empfahl Klotter. „Kinder, die früh am Morgen keinen Hunger haben, sind weder mit Zwang noch Drohungen zum Essen zu bewegen. Sinnvoller ist es, ihnen Alternativen aufzuzeigen, wie etwa zu Hause nur eine Kleinigkeit zu essen oder ein Glas Milch zu trinken und ein größeres zweites Frühstück in der Schule zu verzehren.“
Persönliche Vorlieben von Kindern und Jugendlichen lassen sich abwechslungsreich und einfach zu einer ausgewogenen Mahlzeit kombinieren. Wie, das zeigte Professor Dr. Mathilde Kersting, Leiterin des Forschungsinstituts für Kinderernährung Dortmund. Anhand aktueller Lebensmittelempfehlungen gab sie Tipps für die Zusammenstellung optimierter Frühstücksmahlzeiten, die in ein Tageskonzept für eine bedarfsgerechte Energie- und Nährstoffversorgung eingebettet sind und den Vorlieben von Kindern und Jugendlichen gerecht werden.
Getreide, Milch und Obst
„Das empfohlene Frühstück basiert auf den vier Lebensmittelgruppen Getreideprodukte, Milch und Milchprodukte, Obst und Rohkost sowie Getränke“, erläutert die Ernährungswissenschaftlerin. Bei Obst und Rohkost ist eine vielfältige Auswahl angesagt, bei Getreideprodukten wie Brot und Cerealien ist ein Vollkornanteil von mindestens 50 % zu wählen. Alternativ eigneten sich Kombinationen zum Beispiel von drei Teilen Cerealien mit mehr als 30 % Vollkorngehalt und einem Teil Haferflocken.
Brot oder Cerealien?
Wie sich die Handlungsempfehlungen in die Praxis umsetzen lassen, demonstrierte Kersting anhand zweier Frühstücksvarianten: einem Brot- und einem Cerealienfrühstück, jeweils mit mindestens 50 % Vollkorngehalt. Beide wurden mit Obst oder Rohkost und Milch oder einem Milchprodukt sowie einem Getränk kombiniert. Das Ergebnis: In ihrer Berechnung des durchschnittlichen Nährstoffgehalts sind beide Frühstücksoptionen gleichwertig.