Das Studentenwerk Bielefeld hat für 3,5 Millionen Euro eine neue Mensa erhalten, die durch eine Kombination an neuester Technik mit pragmatischen Lösungen Maßstäbe setzt. Das gut durchdachte Gesamtkonzept haben Planer und Küchenverantwortliche gemeinsam entwickelt. (Von Maxi Scherer)
Die Studenten mussten erst lernen: Die Abläufe in der neuen Mensa der Universität Bielefeld waren für sie neu. Während vorher drei zur Auswahl stehende Menüs bereits vorportioniert auf Tabletts über Fließbänder heranglitten, die sie sich einfach der Reihe nach vom Band wegnahmen, stehen ihnen nun die Speisen auf einer offen gestalteten Fläche mit neun Bedien- und acht Selbstbedienungstheken im Free-Flow-System zur Verfügung. Am ersten Tag ergab das einfach nur Chaos. Doch schon an Tag Zwei hatten viele die Abläufe begriffen.
In die küchentechnische Ausstattung der neuen Mensa haben der Bau- und Liegenschaftsbetrieb Bielefeld des Landes NRW (BLB) und das Studentenwerk Bielefeld insgesamt 3,5 Mio. Euro investiert. Der viergeschossige Neubau, in dem sich die neue Mensa im Parterre erstreckt, und der auch die Bibliothek sowie Seminarräume beherbergt, steht im Zusammenhang mit der Sanierung des gesamten Uni-Komplexes aus den 70er Jahren: Nach diesem ersten Umzug und der Eröffnung der Mensa am 21. Juli 2014 werden in den kommenden Jahren in sieben Bauabschnitten die jeweils freistehenden Räumlichkeiten renoviert und anschließend die Institute umgezogen. Das neue Gebäude wurde als so genannter „Ersatzneubau“ geplant und heißt heute „Gebäude X“. Insgesamt 21.500 Studierende und 2.750 Bedienstete der 13 Uni-Fakultäten sowie mehr als 7.000 Studierende und Mitarbeiter/Innen der Fachhochschule stellen den potentiellen Kundenkreis dieser Mensa dar. Die Verpflegungseinrichtungen sind jedoch „nur“ für 7.500 Essen am Tag ausgelegt – nicht alle Berechtigten besuchen jeden Tag die Mensa.
Massenströme lenken
Um die Massenströme für 7.500 Essen zur Mittagszeit zu lenken, haben die Architekten in dem Neubau klare Strukturen geschaffen. Studenten und Bedienstete der Hochschulen treten durch zwei große Zugänge in das Gebäude ein und werden dann in den Ausgabebereich der Mensa geleitet. Vor den neun Bedientheken, die sich an der Wand entlang auf voller Länge des Raums aneinanderreihen, befinden sich mittig eine Aktionstheke mit Pizza- und Pastaangebot sowie zu beiden Seiten je vier frei stehende Theken zur Selbstbedienung.
Der Ausgabebereich ist spiegelbildlich angeordnet: An der mittig positionierten Aktionstheke spiegelt sich mit der Anordnung der Theken auch das kulinarische Angebot. Egal ob der Gast also von rechts oder von links die Mensa betritt, er hat dieselbe Auswahl, ohne den Saal bis ans andere Ende abschreiten zu müssen. Um das anvisierte Menü zwischen den verschiedenen Stationen gleich orten zu können, dienen Bildschirme als Kundenleitsystem. Sie zeigen pro Menü durchgängig die gleiche Farbe, so dass der Gast schon ab dem Eingangsbereich, wo die Speisen auf Übersichts-Bildschirmen angekündigt werden, visuell geleitet wird. Unentschlossene dagegen können beliebig zwischen den einzelnen Stationen hin- und herwandern. Neben Fleisch, Fisch und vegetarischem Gericht bietet das Studentenwerk auch ein Vitalmenü mit Kalorienangabe; Schummeln ist hier nicht erlaubt, natürlich muss dieses Menü an der Ausgabe portioniert werden. Freier dagegen sind die Studenten an den Selbstbedienungs-Stationen, an denen es neben Salaten weitere kalte und warme Speisen gibt. Der Preis ist hier, ebenfalls auf den Bildschirmen, pro 100 g angegeben und wird durch Auswiegen der Teller an der Kasse ermittelt. Hilfreich bei der Orientierung sind freilich die klaren Strukturen, die eine schnörkellose Architektur erzeugt. Klare Wege und wenige Farbtupfer lassen den Menschen Raum, sich zu bewegen und sorgen dafür, dass das gastronomische Angebot optisch wirkt.
Nicht nur die Studenten mussten lernen. Für die Mitarbeiter, die bislang die Küchenarbeit weitestgehend hinter Küchenmauern verrichteten, ist der Kontakt zu den Gästen ebenfalls völlig neu. Zwei bis drei Personen stehen momentan an jeder Ausgabetheke, hinzu kommt die Anlieferung und Betreuung der Freeflow-Bereiche. Steter Service am Gast also für nicht wenige Kollegen. Rein optisch passen die Mitarbeiter vom ersten Tag an gut ins Bild: Sie sind in demselben Limettengrün gekleidet, das, zusammen mit Schlammgrün, farbliche Akzente in dem vorherrschenden Anthrazit des Gebäudes setzt.
Umgang mit High-tech Küchentechnik im Vorfeld geübt
Die klaren Strukturen auf der Gästeseite der neuen Mensa, finden ihr Pendant in der Küche sowie den Vorbereitungs- und Lagerräumen. Warme und kalte Küche sind direkt hinter dem Ausgabebereich platziert und mit diesem durch insgesamt vier Ausgänge verbunden. Darin stehen vier MKN-Doppel-Kochblöcke (MKN FlexiChef) von 4,5 Metern Länge, zwei davon mit multifunktionalen Koch-Brat-Geräten. Zwischen ihnen befinden sich mit drei Fritteusen die einzigen Geräte, die noch zum Altbestand zählen. Außer ihnen wurden alle Geräte, Anrichten und Theken neu erworben. An den Längsseiten stehen zehn Kombidämpfer der neuesten Generation: White efficiency 5 Senses von Rational, der Köchen bei richtiger Anwendung die Wünsche praktisch von den Augen abliest. Schon vor der Eröffnung der neuen Mensa führten die Hersteller der großen Geräte intensive Schulungs- und Trainingseinheiten durch, in denen am Ende für Teilbereiche (Schulverpflegung) bereits produziert wurde. Diese Begleitung fand zusätzlichen an den Starttagen der Mensa statt. Weitere Schulungen können abgerufen werden, so dass das Potential der Anlagen langfristig voll ausgenutzt werden kann.
Die Küche ist keine Cook & Chill-Küche im eigentlichen Sinne, lässt sich jedoch als solche nutzen. Dazu erhielt sie zwei Durchfahr-Schockfroster von Irinox, die in an die Küche angeschlossene Kühlkammern integriert sind. So können maximal 2x 250 kg Ware innerhalb von 90 Minuten herunterkühlen. Für pastöse Produkte stehen darüber hinaus zwei Rückkühlkessel in den MKN-Blöcken zur Verfügung. Sinn macht die Cook & Chill-Ausrüstung in mehrfacher Hinsicht: Einerseits werden Kochprozesse für die Mensa entzerrt, indem einige Komponenten schon nachmittags gegart und für die Verwendung am nächsten Tag heruntergekühlt werden. Andererseits beliefert die Küche auch fünf Schulstandorte, von denen vier teilweise und eine komplett mit gekühlter Ware beliefert werden.
Variationen im Angebot ermöglicht eine Küche, die der Cafeteria zugeordnet ist, die so genannte „Azubi-Küche“. Diese enthält eine Gastronomie-Ausstattung und Bankettmobiliar, sodass die vollumfängliche gastronomische Ausbildung von insgesamt 12 Auszubildenden an der Mensa Bielefeld sichergestellt ist. Darüber hinaus eignet sich diese Küche für das Veranstaltungscatering. Sowohl die Cafeteria, als auch die dreigeteilten Gasträume der Mensa sind für die Ausrichtung von Veranstaltungen der Hochschulen ideal, bei denen das Studentenwerk in aller Regel für das Catering sorgt. Die Cafeteria ist von 8 bis 16 Uhr geöffnet und bietet auch hochwertige Snacks und Speisen.
Spülküche mit Nassmüllentsorgung
Rechts und links des Freeflow-Bereichs sind zwei Spülküchen platziert. Die Gäste haben jeweils zu beiden Seiten der Mensa die Möglichkeit, ihre Tabletts auf Fließbänder neben dem Flur zu geben. Diese laufen jeweils zu einer halbautomatischen Spülanlage von Meiko zusammen. Zwei MiQs von Meiko stehen parallel für die Teller bereit, das Besteck wird magnetisch vom Tablett gezogen und in einer dritten Spülmaschine gereinigt. Danach wird es über eine Förderanlage zur vollautomatischen Bestecksortiermaschine transportiert.
Der Clou in der Spülküche ist die Nassmüllentsorgung: Speisereste gehen von Hand oder automatisch in die Restebehälter, aus denen der Restmüll per Vakuum nach unten abgesaugt und in einen zentralen Tank geleitet wird. Als „vorbildliche Trennung zwischen reinem und unreinem Bereich“ lobt Küchenplaner Thomas Küttner diese Einrichtung, für die eigens Kosten von 170.000 Euro Investiert wurden. Pro Gast rechnen Planer generell mit 0,1 bis 0,2 l organischen Abfall. In diesem Fall wären also bis zu 1.500 l täglich durch die Gänge zu befördern, eine Menge, die etwa zwölf randvollen Norm-Mülltonnen entspricht. Auch für die Küchenmitarbeiter ist diese Anlage also ein Segen.