Am 8. Juni fand die jährliche Fortbildungstagung der RAL Gütegemeinschaft Ernährungs-Kompetenz e.V. (GEK) statt. Eingeladen hatte die Gütegemeinschaft zum RAL Symposium Ernährung 2018 in das Messezentrum der Lebensmittelgroßhandlung Josef Dewender in Bochum.
Eröffnet wurde die Tagung mit einem „Update zur Ernährungstherapie bei Nierenerkrankungen und Dialyse“. Irmgard Landthaler vermittelte den Teilnehmern praxisnah anhand von Fallbeispielen, dass Patienten mit Nierenfunktionsstörungen einer sehr individualisierten Planung und Durchführung der Ernährungstherapie bedürfen. Besondere Bedeutung kommt dabei der interdisziplinären Zusammenarbeit von Fachärzten und qualifizierten Ernährungstherapeuten zu. Die richtige Ernährungstherapie ist eine ganz entscheidende Säule in der Behandlung der Nierenpatienten, welche die Progression der Niereninsuffizienz verlangsamen kann. Ist der Patient dialysepflichtig geworden, können mit der Diät bestimmte Laborwerte verbessert bzw. normalisiert werden und damit eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität und Lebenserwartung.
Nachhaltige Care-Verpflegungskonztepte
„Zu teuer, die benötigten Mengen sind am Markt nicht verfügbar, viel zu hoher Aufwand…“ Diese Argumente werden geradezu stereotyp von vielen Verpflegungsverantwortlichen im Care-Bereich vorgetragenen, wenn es um die sukzessive Umstellung der Lebensmittel auf Produkte aus ökologischem Landbau und aus der Region geht. Thomas Voß, Stellvertretender Kaufmännischer Direktor und ehrenamtlicher BioMentor, kennt das zur Genüge. Für ihn sind gerade in der Krankenhausverpflegung Bio-Produkte und frische Produkte aus der Region der Goldstandard. Die LWL-Kliniken Münster und Lengerich arbeiten seit 2004 höchst erfolgreich an ihrem nachhaltigen Verpflegungskonzept. Mittlerweile stammen rund 20 % der eingesetzten Lebensmittel aus ökologischem Landbau, Schweinefleisch aufgrund der MRSA-Problematik sogar zu 100 %. Darüber hinaus achten die Klinikküchen auf den Einsatz frischer Lebensmittel möglichst aus der Region und unter Beachtung des Saisonkalenders. Tierwohl ist dabei allen Verantwortlichen ein besonderes Anliegen. Thomas Voß berichtete von seinen positiven Erfahrungen und ermunterte die Zuhörer, neue Wege zugunsten der Nachhaltigkeit einzuschlagen.
Ergebnisse des Verbraucherpanels 2017
Einen ausführlichen Überblick über das Verbraucherverhalten lieferte Helmut Hübsch von der GfK. Er stellte die Ergebnisse des Verbraucherpanels 2017 vor, die ein repräsentatives Abbild der privaten Verbraucher in Deutschland darstellt. In dieser Stichprobe wurden 30.000 Haushalte hinsichtlich ihres Kaufverhaltens untersucht. Deutlich wurde, das Kaufverhalten unterliegt diversen Einflüssen wie der Bevölkerungsstruktur, der Kohortenentwicklung und dem technischen Fortschritt. Die Prognosen sagen u.a. sich wandelnde Ansprüche der Konsumenten hervor, die sich in einer steigenden Qualitätsorientierung, einer Zunahme der Bedeutung von Genuss, Gesundheit, frischen und auch vegetarischen Produkten sowie einem zunehmenden Wunsch nach weniger Lebensmittelverschwendung, aber ebenso einer steigenden Kochmüdigkeit ausdrückt. Weitere Einflussfaktoren sind u.a. die Entstrukturierung des Alltags, die eine Verlagerung des Essens in den Außer-Haus-Sektor mit sich bringt oder der häufigere Griff zum Snack anstelle der klassischen Hauptmahlzeit. „Gesundheit und Convenience steigen stärker als Genuss“ drückt die Megatrends aus.
Reichhaltiges Angebot vorhanden
Über bedarfsgerechte Ernährungslösungen bei Mangelernährung und Schluckstörungen informierte Wilhelm Fronauer, Nestlé Health Science GmbH. Die Nahrungsmittelindustrie bietet eine reichhaltige Palette von Produkten, die optimal auf die Ernährungsbedürfnisse von Patienten mit Kau- und Schluckstörungen abgestimmt sind. Einige Produkte ermöglichen es, Speisen zu verschiedenen, besser schluckfähigen Konsistenzen anzudicken, andere tragen dem erhöhten Energie- und Nährstoffbedarf der Betroffenen Rechnung. Hierzu zählen z.B. besonders kohlenhydrat- oder proteinreiche Ernährungslösungen, die sich entweder zur ergänzenden oder zum Teil auch ausschließlichen Ernährung eignen. Ziel der Ernährungstherapie bei Dysphagie und Mangelernährung ist, den speziellen Ernährungsbedürfnissen des Patienten gerecht zu werden, um dadurch den Ernährungsstatus und die Lebensqualität des Betroffenen aufrecht zu erhalten, ggf. zu verbessern und eine schnellere Regeneration zu unterstützen.
Einen umfassenden Überblick über ein Prozessmodell zur Durchführung von ernährungstherapeutischen Interventionen gab Dennis Grotjahn, Diätassistent, Bachelor of Science und Master of Education. Der Referent zeigte das strukturierte diätetische Vorgehen mithilfe des German Nutrition-Care-Process (G-NCP) anhand eines Fallbeispiels aus der Onkologie. Im Rahmen des Vortrages gelang es, die Ziele und Hintergründe des Handlungsmodells mit der praktischen Tätigkeit eines Ernährungstherapeuten zu verknüpfen. Ein wichtiger Aspekt ist dabei die transparente Nachvollziehbarkeit und die Möglichkeit präzise zwischen den ernährungstherapeutisch Tätigen zu kommunizieren sowie die Kommunikation mit anderen Berufsgruppen zu gestalten. Wichtig zu betrachten ist jedoch auch die Patientenperspektive und damit patientenrelevante Faktoren in der ernährungstherapeutischen Tätigkeit, zu der nicht nur Beratung und Schulung, sondern ebenso das Verpflegungsmanagement zählt.
Der G-NCP stellt ein wichtiges Handlungsmodell dar, um standardisierte Abläufe anzuwenden, aber auch den Stellenwert der Ernährungstherapie für Außenstehende greifbar zu machen. Die Anwendung der verschiedenen Prozessstufen, vom Ernährungsassessment über die Ernährungsdiagnose, Planung und Durchführung der Intervention bis zur Evaluation ermöglicht eine hohe Behandlungsqualität. Allgemein gültige Definitionen verbessern den inter- und intradisziplinären Austausch, darüber hinaus sind gezielte Aussagen zu Qualitätssicherung und Monitoring der Therapie möglich.
Noch immer häufig unzureichende Deklarationen
Wie digitale Lösungen bei der sicheren und bedienerfreundlichen Umsetzung der Lebensmittel-Informations Verordnung (LMIV) helfen können, stellte Henry Stephan, sellysolutions Servicegesellschaft mbH, vor. Der Referent wies zunächst auf einige Schwierigkeiten bei der gesetzeskonformen Anwendung der Verordnung hin. Auch nach über einem Jahr nach Inkrafttreten der VO findet man auf Speisekarten und Speiseplänen häufig noch unzureichende oder falsche Deklarationen, die u.a. auf die manuelle Eingabe von z.B. Allergenen oder Zusatzstoffen aus unterschiedlichen Quellen zurück zu führen sind. Weitere Fehlerquellen sind der Einsatz von Ersatzprodukten mit abweichenden Inhaltsstoffen oder fehlende bzw. übersehene Änderungsmitteilungen der Hersteller. Die korrekte Deklaration der Speisenangebote fällt mancherorts Personal- und/oder Zeitmangel zum Opfer. Weiterhin zeigt sich ein großer Schulungsbedarf sowie die Nachfrage zu geeigneten Softwarelösungen. In dem Vortrag wurden praxistaugliche Lösungen der komplexen Problematik aufgezeigt und Hinweise zu einem geeigneten Rezepturen- und Lieferanten-Management vorgestellt. Unternehmen, die mit dem RAL Gütezeichen Kompetenz richtig Essen ausgezeichnet sind, erfahren von der Gütegemeinschaft Ernährungs-Kompetenz bereits seit Jahren vielfältige Hilfestellung und können die gesetzeskonforme Umsetzung der LMIV durch ihr Zertifikat belegen.
Nützliche Darmbakterien
Unter dem spannenden Titel „Kochen für die Darmflora: Warum Bakterien nicht nur Feinde, sondern auch Freunde sind!“ gab Mikrobiologin Dr. Elke Jaspers einen Einblick in das spezienreiche Mikrobiom. Die Referentin gab einen umfassenden Überblick über verschiedene Bakterienstämme und deren positive gesundheitliche Eigenschaften. Dank moderner Forschungsmethoden gibt es viele neue Erkenntnisse zur Bedeutung der Darmbakterien für unsere Gesundheit. Gesundmachende Darmbakterien schützen beispielsweise den Darm und tragen so zur Widerstandsfähigkeit gegen schädliche Einflüsse wie Krankheits-Erreger und Allergene bei. Ebenso schützen sie das Gehirn und können vermutlich dazu beitragen, dass Menschen länger geistig gesund bleiben. Sie unterstützen auch die Darm-Barriere und verhindern so die Entstehung einer niedriggradigen Entzündung (Silent Inflammation), die maßgeblich an der Entstehung von Adipositas, Fettleber, Insulinresistenz und Typ II-Diabetes beteiligt ist.
Fehlen diese guten Darmbakterien, fehlen ihre guten Wirkungen und krankheitserregende Bakterien können sich vermehren. Somit hat die Ernährung einen entscheidenden Einfluss darauf, ob der Mensch gesundmachende oder krankmachende Bakterien in sich trägt. Inzwischen ist bekannt, dass die Ernährung im täglichen Leben der entscheidende Faktor ist, der für eine gute oder schlechte Darmflora sorgt.
Genaue Diagnostik ist entscheidend
Über die Versorgung von Patienten mit Nahrungsmittelallergien in der Gemeinschaftsverpflegung referierte Frau Sabine Schnadt vom Deutschen Allergie- und Asthmabund. Die Dipl. Oecotrophologin führte zunächst in das Thema Allergien ein und vermittelte den Zuhörern die Abgrenzung zu Unverträglichkeiten oder Immunerkrankungen, die sich durch gastrointestinale Symptome äußern. Ganz entscheidend ist eine genaue Diagnostik, um die richtige Therapie auszuwählen. Ebenso gilt es die individuelle Toleranz des Betroffenen durch Provokationstest herauszufinden, denn einige Allergiker reagieren bereits auf kleinste Mengen, bei anderen beginnt eine allergische Reaktion erst beim Verzehr größerer Mengen. Je genauer die Diagnostik, desto besser kann ein Patient selbst oder die verantwortliche Fachkraft beim Essensangebot die Situation einstufen. Im weiteren Verlauf ging die Referentin gezielt auf die Vorgaben der RAL Gütesicherung hinsichtlich der Vorgaben zum Allergenmanagement ein und zeigte die praktische Umsetzung der gesetzeskonformen Auslobung von allergenen Zutaten in Rezepturen und auf Speisekarten. Abschließend wurden einige Fallbeispiele von Allergiepatienten besprochen, die verdeutlichten, welche Maßnahmen für die Versorgung der Betroffenen in der Gemeinschaftsverpflegung essentiell sind.
Abgerundet wurde das Symposium durch eine vielseitige Industrieausstellung, die aufgrund der räumlichen Großzügigkeit des Messezentrums der Firma Dewender im Vortragssaal stattfand. Dies kam sowohl Ausstellern, als auch den Teilnehmern zu Gute, da direkt Bezug auf die Vorträge genommen werden konnte.