Obwohl immer noch gut frequentiert, entsprach die Hauptmensa der Augsburger Universität mit ihren nunmehr 30 Jahren nicht mehr dem Stand der Technik. Eine Sanierung stand an. Nun kocht Küchenleiter Marian Vlach für anderthalb Jahre im Container, bis die Mensa im Oktober 2011 kernsaniert und küchentechnisch neu ausgestattet wiedereröffnet. (Von Corina Gehrmann)
Als die Augsburger Uni-Mensa 1980 eröffnet wurde, war sie hochmodern und technisch auf dem aktuellen Stand. Nun, 30 Jahre später, ist sie nicht nur hoffnungslos veraltet, sondern kann auch die Anzahl hungriger Essensgäste nicht mehr bewältigen, die sich jeden Tag zwischen Vorlesung und Seminar dort drängen. „Damals wurde die Küche für 2000 bis maximal 2500 Essen am Tag geplant. Zuletzt haben wir aber bis zu 4500 Essen gekocht, waren also weit über dem Limit“, erzählt Marian Vlach, der seit sieben Jahren in der Hauptmensa kocht und sie seit zwei Jahren leitet. Lange Warteschlangen zu Stoßzeiten waren nicht das einzige Problem. Die vorhandene Spülstraße wurde dementsprechend hochgetaktet, mit dem Ergebnis, dass sie regelmäßig ausfiel. „Die Kochtechnik war veraltet, es wurde alles mit Dampf betrieben, und die Leitungen waren marode, es war also wirklich allerhöchste Zeit“, sagt Vlach. Ausgabetheken und Geräte entsprachen nicht mehr den gesetzlichen Vorschriften, besonders was das Einhalten von Temperaturen betrifft, und die Betriebskosten der alten Technik waren enorm hoch.
Dieses Frühjahr in den Semesterferien fiel dann endlich der Startschuss für die Generalsanierung des Mensagebäudes. 20,6 Millionen Euro investiert die Augsburger Universität, während der eineinhalbjährigen Bauzeit bleibt die Mensa geschlossen. Hungrig bleiben müssen Studierende und Uni-Mitarbeiter während dieser Zeit aber nicht. Neben der Physik-Fakultät, buchstäblich auf der grünen Wiese, steht nun eine zeltartige Interims-Mensa – zusammengebaut aus Containern und einem großen Pavillon, der als Speisesaal dient.
Enger
Zusammenrücken
Seit knapp drei Monaten kocht Marian Vlach mit seinem Team nun im Container, und die Arbeit im Provisorium klappt „überraschenderweise sehr gut, ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass es schwieriger wird“, sagt der Küchenleiter. „Alles ist gut angelaufen, die Produktionswege funktionieren, wir harmonieren zusammen.“ Natürlich ist es ein Arbeiten unter deutlich engeren Verhältnissen, darum musste Vlach in der Containerküche auf einen Teil seiner Mitarbeiter verzichten. Diese wurden auf andere Verpflegungs-Außenstellen des Studentenwerks verteilt. Ein Großteil von Küchengerät und -ausstattung wurde eingelagert. Sämtliche im Container vorhandene Küchentechnik, darunter zehn 1/1-Kombidämpfer und sechs Kessel sind, wie Pavillon und die Küchencontainer selbst, Mietgut einer speziell auf temporäre Küchen spezialisierten Firma. Neben den Küchenräumen gibt es vier Kühlcontainer, die Marian Vlach variabel als Kühl- oder Tiefkühlraum einsetzen kann. Mit zwei bis drei Warenlieferungen pro Woche funktioniert der logistische Ablauf so sehr gut. Doch ist ein Mammutprojekt wie die Mensa-Sanierung mit Pavillon-Umzug ohne Einbußen nicht zu stemmen. „Ein großes Manko ist, dass wir hier nur kaltes Wasser haben. Das verlängert bestimmte Arbeitsprozesse natürlich“, schildert Küchenleiter Vlach. Auch sind die mobilen elektrobetriebenen Kombidämpfer und Kessel etwas langsamer als die gewohnten dampfbetriebenen Geräte aus der alten Küche.
Weniger
Plätze
Mit Einbußen müssen für die Zeit der Sanierung auch die leben, für die der ganze Aufwand getätigt wird – die Tischgäste. Konnten die Studierenden in der Hauptmensa bislang unter drei Hauptgerichten auswählen, so gibt es im Pavillon nur noch zwei Hauptgerichte zur Auswahl, davon stets ein vegetarisches. Salat- und Nachtisch-Auswahl haben es in etwas verkleinerter Form in den Pavillon geschafft. Verzichten müssen die Studierenden aber bislang auf Pommes Frites und die Nudelbar. Fritteusen können aus Brandschutzgründen in der Interims-Küche nicht betrieben werden. Die Nudeltheke hingegen soll demnächst im Pavillon wieder belebt werden. „Die Nachfrage wurde immer stärker und wir glauben, dass wir trotz der beschränkten Ressourcen, die Nudeltheke hier aufbauen können“, sagt Vlach. Auch WM-Menüs, eine Muffin-sowie eine Crepe-Aktion sind derzeit geplant. „Man muss sich natürlich engagieren und etwas dafür tun, dass trotzdem die entsprechenden Tischgast-Zahlen erreicht werden“, sagt dazu Hans-Peter Mühlethaler, der die Mensa-Sanierung mit seinem Unternehmen HPM Consult küchenplanerisch begleitet.
Die größte Einschränkung sowohl für die Gäste als auch das Studentenwerk Augsburg als Betreiber des universitären Verpflegungsangebots, ist aber die maximale Essenszahl, die im Container-Zelt-Bau produziert werden kann. „Der Pavillon ist natürlich sehr viel kleiner als die Mensa vorher“, sagt Doris Schneider, Geschäftsführerin des Studentenwerks. „Wir können hier nur noch einen Teil der Essen ausgeben. Momentan sind es um die 1500, ausgelegt ist der Pavillon auf maximal 2000. Vorher haben wir aber über 3000 Essen ausgegeben. Die Essenszahl, die wir hier nicht mehr produzieren können, mussten wir natürlich an anderer Stelle auffangen. Das war eine zusätzliche Herausforderung neben dem Umzug und dem Koordinieren des Sanierungsprojekts“, so Schneider weiter.
Wer keinen der circa 600 Plätze im Speisesaal der Interims-Mensa ergattert – die Hauptmensa bot 1.170 Tischgästen Platz, hat verschiedene Alternativen. Zum einen wurde die große Cafeteria im Gebäude der philosophisch-philologischen Fakultäten, unter Studierenden seit Generationen als „alte Cafete“ bekannt, aufgerüstet. 800 Essen werden dort zusätzlich zum bisherigen Verpflegungsangebot angeboten: 400 warme Essen des Tagesangebots, die aus dem Mensa-Pavillon angeliefert werden sowie 400 ofenfrische Pizzen, die vor Ort in einem eigens angeschafften Pizzaofen zubereitet werden. Eine zusätzliche Kasse und eine Erweiterung der Ausgabetheke sollen den zusätzlichen Ansturm hungriger Wissensdurstiger auffangen. Als Ersatz für die mit dem Mensa-Gebäude geschlossene „neue Cafete“ dient ein Verkaufswagen, der neben Heiß- und Kaltgetränken das übliche Snack-Sortiment aus Brezen, belegten Semmeln, Teigteilchen und Würstchen anbietet. Auch die heißgeliebten Pommes Frites werden hier verkauft. Sie sind, neben Currywurst, die Verkaufsrenner des Snack-Wagens. Hungrigen Studierenden, die ein bisschen mehr Zeit fürs Mittagessen haben, steht auch die deutlich neuere Mensa der Hochschule Augsburg offen, die vom Uni-Campus binnen fünf Minuten mit der Straßenbahn erreichbar ist.
Bislang nehmen die Studierenden das Ersatzangebot gut an, sagt Doris Schneider. „In der Cafeteria mit dem erweiterten Angebot haben wir sehr gute Umsätze“, erklärt sie. Ganz ersetzen können die Alternativen die große Hauptmensa dennoch nicht. Die Sanierung bei laufendem Mensa-Betrieb durchzuführen, war indes keine Option. „Es hat von der Kostenseite nichts dafür gesprochen“, sagt Studentenwerks-Geschäftsführerin Schneider, „und der ausschlaggebende Punkt war die erhebliche Störung des Betriebs.“ Zudem werden wegen des doppelten Abiturjahrganges in Bayern für das Wintersemester 2011 deutlich mehr Studienanfänger erwartet – eine Menge an Essensgästen, die mit einem Provisorium kaum zu bewältigen wäre. Pünktlich zum Start des betroffenen Wintersemesters im Oktober 2011 soll die rundsanierte Hauptmensa wieder eröffnet werden.
Frontcooking
Total
Hungrige Studierende erwartet dann ein völlig neues Speisenkonzept. „Der ganze Produktionsablauf wird künftig anders gestaltet“, erläutert Küchenplaner Mühlethaler. „Ich sehe häufig, dass in neuen Mensen große Küchen gebaut werden, von denen der Gast aber nichts hat. In Augsburg wird es umgekehrt – wir haben eine kleine Küche, aber einen sehr großen Ausgabebereich“, so Mühlethaler weiter. Dieser wird aus mehreren themenspezifischen Pavillons bestehen. Es wird einen asiatischen Schwerpunkt ebenso geben wie einen vegetarischen Bereich, eine große Grillstation, Salat- und Gemüsebüffet sowie Pizza und Pasta. Auch eine klassische Ausgabe erwartet die Tischgäste. „Hier bieten wir Gerichte, mit denen man die Masse begeistern kann, also Schnitzel oder Käs-Spätzle – diese typischen Gerichte, die eigentlich jeder mag“, sagt Marian Vlach. Zwar forderten viele Studierende auch gesundes Essen ein, erzählt er, Gerichte wie Schnitzel, Pommes oder Spätzle seien aber trotzdem die unbestrittenen Verkaufsrenner. „Die Endproduktion“, betont Hans-Peter Mühlethaler, „findet in den Pavillons vor den Augen der Gäste statt. Alles ist komplett auf Frontcooking ausgelegt.“ Die Küche dient im Wesentlichen der Vorproduktion. Allen Aktionstheken und -pavillons sind kleine Pantrys zugeordnet, in denen die vorbereiteten Speisen sowie der Geschirrbedarf gelagert werden, was eine personalintensive, ständige Nachbeschickung verhindert. Nach Aussage von Küchenplaner Mühlethaler wird Augsburg die bislang erste und einzige Studentenmensa haben, in der ein solches Pavillon-Konzept mit einem starken Frontcooking-Schwerpunkt umgesetzt wird. Frischer und kreativer als das bisherige Mensa-Angebot werden die Pavillons auf jeden Fall sein. „Man muss sich schon etwas einfallen lassen, damit es nicht langweilig wird. Dazu gehört neben einem kreativen Speisenangebot auch ein gewisses Food-Marketing, z.B. Infos über die Gerichte und ihre Herkunft“, weiß Hans-Peter Mühlethaler. „Insgesamt wird es 16 Gerichte pro Tag geben, die dann drei bis vier Wochen laufen“, erklärt Küchenleiter Vlach. „Ein Student kann also einen Monat lang fast jeden Tag etwas anderes essen. Und wenn wir merken, irgendein Gericht geht gar nicht, können wir das fließend austauschen.“
Ausgelegt ist die neue Küche auf eine Versorgung von 4.500 Tischgästen pro Tag. Die Haustechnik-Installation für eine Erweiterung der Küchentechnik auf eine Kapazität von 5.000 Tages-Essen, ist bereits eingeplant. Der Speisesaal im Obergeschoss wird 1.200 Essensgästen Platz bieten, zusätzlich stehen in der Cafeteria im Erdgeschoß weitere 234 Sitz- und einige Stehplätze zur Verfügung. Auch dieser bislang eher dunkle Eingangsbereich wird im Zuge der Bauarbeiten freundlicher und einladender umgestaltet. Zusätzlich wird das Gebäude saniert, die Außenfassade gestrichen, die Haustechnik erneuert, das Dach gedämmt und die Fenster erneuert. Der Speisesaal erhält zudem Akustikeinbauten und einen neuen Bodenbelag. Die gesamte Ausstattung und die betriebstechnischen Anlagen müssen an aktuelle Brandschutzvorgaben und die Forderungen des Energie-Einsparungsgesetzes angepasst werden. Die nächste Herausforderung für Küchenleiter Vlach und sein Team wird dann der Rückzug in die neu sanierte Mensa. „Das wird nicht ganz so einfach wie der Umzug ins Zelt“, sagt er, „denn die ganzen Wege, die komplette Organisation ist ja neu. Alle werden sich erst daran gewöhnen müssen.“