Wie werden Lebensmittelverpackungen umweltfreundlicher?
Dreiteilige Studie zum Thema Nachhaltigkeit bei Verpackungen – Grundlage: Verbraucher- und Unternehmensbefragungen – Einblicke in Status quo mit konkreten Strategien zur Umsetzung in Unternehmen
Die Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft stehen aktuell vor der Frage, wie sie ihre Aktivitäten zur Steigerung der Umweltfreundlichkeit im Verpackungseinsatz ausrichten sollen. Um diesen Informationsbedarf zu bedienen, hat die DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Holger Buxel (FH Münster) die Studie „Sustainable Packaging 2024“ erstellt. Sie gibt Einblicke in den Status quo – angefangen bei der Verbrauchersicht bis hin zu den konkreten Strategien zur Umsetzung in den Unternehmen. Präsentiert werden die Ergebnisse der Studie auch im Rahmen der Special Show „Sustainable Packaging“ auf der ProSweets Cologne, die vom 28. bis 31. Januar 2024 in Köln stattfindet.
Die Suche nach geeigneten und bezahlbaren Lösungen, mit denen eine Steigerung der Umweltfreundlichkeit des Verpackungseinsatzes erreicht werden kann, erweist sich für die Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft oft als schwierig und Know-how-intensiv. Mit der aktuellen Studie „Sustainable Packaging 2024“ gibt die DLG fundierte Einblicke in den Status quo bei Lebensmittelprodukten. Die durchgeführten Verbraucher- und Unternehmensbefragungen stehen dabei repräsentativ für die Perspektiven und Herausforderungen, die sich für Unternehmen aus einer Verwendung besonders umweltfreundlicher Verpackungen ergeben können. Im Fokus stehen die Themen „Verbraucher“, „Labeling“ und „Strategien“. Jeder der drei Teile ist dazu gedacht, wichtige Daten bereitzustellen und eine Orientierungsgrundlage zu geben, sagen die Studienautoren Prof. Dr. Holger Buxel, Professor für Marketing im Lebensmittelbereich an der Fachhochschule Münster, und Dipl.-Ing. Simone Schiller MPH, Geschäftsführerin DLG-Fachzentrum Lebensmittel.
Verpackungen aus Verbrauchersicht
Die marktbezogenen Chancen, die sich für Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft aus einer Verwendung umweltfreundlicher Verpackungen ergeben, hängen stark davon ab, wie relevant und attraktiv diese aus Verbrauchersicht sind und welche Bedeutung das Thema im täglichen Konsumverhalten und im Umgang mit Lebensmittelprodukten einnimmt. Doch welche Rolle spielen diese Aspekte bei der Kaufentscheidung tatsächlich? Die im Frühjahr 2023 durchgeführte Befragung von 1.000 Verbrauchern zeigt: Die Umweltfreundlichkeit der Verpackung ist für viele von ihnen ein relevantes Merkmal. Vier von fünf Befragten (79 %) stimmen der Aussage zu, dass die Umweltfreundlichkeit des Verpackungseinsatzes bei Lebensmitteln dringend verbessert werden muss. Letztlich ist sie jedoch nur eine Eigenschaft unter vielen. Andere Aspekte spielen laut Studie sowohl bei der Produktwahl als auch der Bewertung einer Verpackung am Point of Sale eine gleichbedeutende oder zum Teil sogar deutlich größere Rolle. Etwa der Geschmack, die Qualität und der Preis. Auch die Bereitschaft, für Verpackungen mit positiven Umwelteigenschaften einen Mehrpreis zu bezahlen, ist deutlich limitiert. Zudem zeigt sich: Zwar sehen Verbraucher bei sich Verbesserungspotenzial (38 %), die Mehrheit unter ihnen sieht jedoch die Verantwortung für mehr Umweltfreundlichkeit bei anderen Gruppen, wie den Verpackungsherstellern (67 %) und Lebensmittelproduzenten (58 %).
„Die Unternehmen stehen hier vor der zentralen Herausforderung, umweltfreundlichere Verpackungskonzepte zu entwickeln, die sich an der Zahlungsbereitschaft der Verbraucher und ihrer Bereitschaft zur Veränderung des eigenen Kauf- und Entsorgungsverhaltens orientieren“, sagt Prof. Dr. Holger Buxel. Ein weiterer Anspruch dürfte laut ihm darin bestehen, die umweltbezogenen Eigenschaften und Vorteile der eingesetzten Verpackungen zielgerichtet zu kommunizieren und bei den Verbrauchern „erlebbar zu machen.“ Denn die Studienergebnisse zeigen, dass viele Verbraucher ökologisch vorteilhafte Verpackungen ohne gezielte Hinweise nicht erkennen. „Dies macht die Entwicklung geeigneter Kommunikationskonzepte zwingend erforderlich“, so Prof. Dr. Buxel.
Über die Wirkung von Claims
Um der Gestaltung solcher Strategien eine Basis zu geben, nimmt der zweite Teil der Studie das Informationsverhalten zu umweltbezogenen Aspekten von Lebensmittelverpackungen ins Visier. „Es hat sich gezeigt, dass sich zwei von drei (65 %) der befragten Verbraucher mehr Auskünfte über Umweltaspekte der Verpackungen wünschen“, erklärt Prof. Dr. Buxel. Etwa darüber, ob die Verpackung vollständig recycelt werden kann und wie sie sich möglichst umweltfreundlich entsorgen lässt. Auch ob eine Verpackung aus nachwachsenden Rohstoffen und recycelten Materialien hergestellt wurde, ist für die Konsumenten relevant. Bevorzugt werden konkrete Hinweise sowie ein einheitliches System. Hier bieten sich Claims direkt auf der Verpackung an, da diese laut Studie am häufigsten als Informationsquelle genutzt werden, um sich über die Umwelteigenschaften einer Verpackung zu informieren. Am bekanntesten der in Deutschland etablierten Label ist unter den Befragten der Grüne Punkt (76 %), das Mehrweg-Label (76 %) sowie das Recycling-Dreieck (74 %).
Gleichzeitig fordern die Verbraucher mehr Transparenz in den Aussagen. Die Studie zeigt: Je verständlicher ein Claim ist, desto höher ist tendenziell seine Kaufrelevanz. Und je höher die wahrgenommene Wichtigkeit für den Umweltschutz ist, desto kaufrelevanter wird ein Claim tendenziell beurteilt. Das gilt insbesondere für Aussagen, die sich mit den Themenfeldern Mehrweg/Wiederverwendbarkeit und Recycling befassen. Als vergleichsweise weniger relevant wird das Themenfeld Klimaschutz eingeordnet – trotz der hohen Präsenz in der allgemeinen Diskussion und den Medien. „Da sich die am Markt befindlichen Claims in ihrer Verständlichkeit und Kaufrelevanz stark unterscheiden, wird über die jeweilige Wahl letztlich maßgeblich mitentschieden, inwieweit es gelingen kann, die umweltbezogenen Vorteile einer Verpackung sichtbar zu machen und in eine gesteigerte Akzeptanz für das Produkt zu überführen“, sagt Prof. Dr. Buxel. Vor dem Hintergrund der stark unterschiedlichen Wirkung der Claims empfiehlt er den Unternehmen, sorgsam zu prüfen, mit welchen Labeln und Siegeln im individuellen Fall gearbeitet werden muss, um das marktseitige Potenzial des Einsatzes umweltfreundlicher Verpackungen bestmöglich auszuschöpfen.
Strategien für ressourcenschonende Verpackungen
Wie die Ergebnisse des dritten Studienteils zeigen, steht die Steigerung der Umweltfreundlichkeit im Verpackungseinsatz weit oben auf der Agenda der Lebensmittelwirtschaft. Knapp jedes zweite (49 %) der befragten 186 Unternehmen aus der Lebensmittelwirtschaft besitzt bereits eine Strategie, weitere 24 % arbeiten aktuell an einer solchen. Als wichtigster Grund wird von den Unternehmen die Verbesserung des Umweltschutzes genannt (84 %), gefolgt von Aspekten wie Imageverbesserung (82 %) und Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit (81 %). Zu den am häufigsten genannten Zielen zählt die Erhöhung der Recyclingfähigkeit der Verpackungen, gefolgt von der Reduktion der Materialmenge und des Energieeinsatzes je Verpackungseinheit. Wesentliche Maßnahmen umfassen dabei die Erhöhung des Anteils an recycelten Einsatzstoffen, gefolgt von der Erhöhung des Anteils an Materialien, die aus nachhaltigkeitszertifizierten Quellen kommen. „Insgesamt sind die verfolgten Ansätze vielfältig“, erklärt Simone Schiller. „Ein Großteil der befragten Unternehmen konnte bereits Erfolge erzielen und hat in den vergangenen zwei Jahren im Verpackungsbereich neue Lösungen eingeführt, die umweltfreundlicher sind als ihre zuvor eingesetzten Verpackungen.“
Gleichwohl zeigen die Studienergebnisse auch: Ein Großteil der Befragten sieht in der fehlenden Zahlungsbereitschaft der Verbraucher für umweltfreundlichere Verpackungen ein starkes Hemmnis. Hinzu kommt die geringe Verfügbarkeit alternativer oder recycelter Materialien sowie die Mehrkosten, die mit ihrem Einsatz verbunden sind. Ebenso produktschutzbezogene Aspekte, eine schlechtere Lager- und Transportfähigkeit sowie die Erfüllbarkeit hoher Hygieneanforderungen werden als Barrieren für das Einführen von veränderten Verpackungen genannt. „Es ist zu erwarten, dass die Steigerung der Umweltfreundlichkeit im Verpackungseinsatz ein Thema ist, das vermutlich viele in der Lebensmittelwirtschaft in den kommenden Jahren weiter intensiv beschäftigen wird“, so Schiller. Die DLG greift das Branchenthema auch auf der ProSweets Cologne 2024 auf, die vom 28. bis 31. Januar in Köln stattfindet, wo die dreiteilige Studie im Rahmen der Special Show „Sustainable Packaging“ vorgestellt wird.
Über die Studie
Das Thema Nachhaltigkeit ist von zentraler Bedeutung für die Lebensmittelwirtschaft. Verbraucher, aber auch staatliche Institutionen und NGOs fordern von den Unternehmen der Branche immer stärker, ihre Produkte möglichst nachhaltig zu produzieren und negative Einflüsse der Produktion, Verwendung und Entsorgung auf die Umwelt so weit wie möglich zu begrenzen. Diese Forderung betrifft neben den Lebensmitteln selbst vor allem die eingesetzten Verpackungen. Die Studie Sustainable Packaging 2024, wurde von der DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft) in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Holger Buxel (FH Münster) mit dem Ziel erstellt, Einblick in den Status quo der Bedeutung und der Umsetzung von umweltfreundlichen Verpackungskonzepten bei Lebensmitteln zu gewinnen. Die detaillierten Ergebnisse der zu diesem Zweck im März/April 2023 durchgeführten Verbraucherbefragung (n=1.000) und Unternehmensbefragung (n=186) sind in drei Publikationen zusammengefasst.
Die DLG (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft e.V.), 1885 von Max Eyth gegründet, ist offenes Netzwerk und fachliche Stimme der Land-, Agrar- und Lebensmittelwirtschaft. Ihr Ziel ist es, mit Wissens-, Qualitäts- und Technologietransfer den Fortschritt zu fördern. Die DLG hat über 30.000 Mitglieder, sie ist gemeinnützig, politisch unabhängig und international vernetzt. Als eine der führenden Organisationen ihrer Branche organisiert die DLG Messen und Veranstaltungen in den Bereichen Landwirtschaft und Lebensmitteltechnologie, testet Lebensmittel, Landtechnik sowie Betriebsmittel und erarbeitet in zahlreichen Experten-Gremien Lösungen für die Herausforderungen der Land-, Agrar- und Lebensmittelwirtschaft.
Weitere Informationen: www.DLG.org