München – Die Entscheidung naht – Rauchen oder Nichtrauchen. Weil die Staatsregierung den vierjährigen Streit ums Rauchverbot in der Gastronomie nicht lösen konnte, ist Bayern am 4. Juli das erste Bundesland, das die Entscheidung in die Hände seiner Bürger legt.
Die Wähler sollen es richten. In der letzten Woche wollen Initiatoren wie Gegner alle Kräfte mobilisieren. Die CSU hofft auf «Befriedung» und verhält sich mucksmäuschenstill – mit Ausnahme des Münchner Landtagsabgeordneten Thomas Zimmermann, der als Arzt für ein Ja zum ausnahmslosen Rauchverbot wirbt.
Die Befürworter des strengen Rauchverbots argumentieren mit dem Schutz der Gesundheit. Die Gegner – hauptsächlich Wirte, Brauer und rauchende Wirtshausbesucher – sehen bayerische Lebensart und Freiheitsliebe bedroht.
Doch obwohl Befürworter und Gegner leidenschaftlich miteinander streiten, hat der Großteil der Bevölkerung andere Sorgen. Beide Seiten haben mit geringem Interesse zu kämpfen. Das Volksbegehren im vergangenen Herbst wurde zum Triumph für die Rauchgegner – doch anschließend verschwand das emotionale Thema von der Bildfläche.
So manchem Bürger war wohl nicht klar, dass der eigentliche Volksentscheid noch aussteht. «Viele sind erst darauf aufmerksam geworden, seit sie die Wahlbenachrichtigung erhalten haben», sagt Theresa Schopper, die Landesvorsitzende der Grünen. «Diese Woche geht es toujours durch, wir sind in ganz Bayern unterwegs.»
Auslöser für Volksbegehren und Volksentscheid war die Lockerung des Rauchverbots durch die CSU/FDP-Staatsregierung im vergangenen Sommer. Seitdem ist Rauchen in Bier- und Festzelten, kleinen Bierstuben und Nebenräumen größerer Gaststätten wieder erlaubt.
Eine bayerische Besonderheit: Viele Kommunen setzten weder das ursprüngliche strenge noch das gelockerte Rauchverbot je durch. Die CSU stellt sich seit Jahrzehnten als Hüterin von Recht und Ordnung dar – doch in Sachen Rauchen sind viele bayerische Wirtshäuser rechtsfreie Räume.
Gewinnen die Rauchgegner, werden sämtliche Gaststätten und Bierzelte Bayerns rauchfrei. Wer mit «Ja» stimmt, stimmt für dieses ausnahmslose Rauchverbot, ein «Nein» bedeutet eine Stimme für den Jetzt-Zustand. Die Gegeninitiative «Bayern sagt nein» – ein Zusammenschluss von Wirten, Brauern, Schaustellern, Tabakindustrie und rauchenden Wirtshausbesuchern – prophezeit ein Wirtshaussterben auf breiter Front, sollten die Rauchgegner sich durchsetzen.
«Wir sind auf den Platz gegangen, um zu gewinnen», sagt «Bayern sagt nein»-Sprecherin Sandra Strobel. «Wir rechnen aber damit, dass es knapp wird. Jede Stimme zählt.» Die Fronten gehen auch durch die Parteien: SPD und Grüne im Landtag sind für ein strenges Rauchverbot – doch die rot-grüne Rathauskoalition in München hat vorsorglich angekündigt, dass dieses Jahr auf dem Oktoberfest weiter geraucht werden darf. (dpa, Carsten Hoefer und Christoph Trost)