In Deutschland wird mehr Fleisch produziert, aber weniger gegessen. Das zeigen aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes und der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Die Folge: Exporte werden für die Fleischwirtschaft immer wichtiger.
Die Konsumlaune in Deutschland ist gut. Die Verbraucher kauften im ersten Halbjahr nach einer GfK-Marktübersicht mehr Obst und Gemüse, mehr Süßwaren, mehr alkoholfreie Getränke. Doch an Fleisch und Wurst ging der Aufwärtstrend vorbei. Hier sank der Absatz um 1,4 Prozent.
Die Gründe für den Abwärtstrend sind vielfältig. Einer von ihnen ist laut GfK das „schlechte Grillwetter“ in diesem Jahr. Im Schnitt habe der Absatz an Grillfleisch, Geflügel und Bratwurst zwischen März und Juni um fünf Prozent unter dem Vorjahr gelegen, berichten die Marktforscher. Doch verstärkt das schlechte Wetter nur einen Trend der schon länger zu beobachten ist. Allein 2015 sank der durchschnittliche Fleischkonsum pro Kopf in Deutschland gegenüber dem Vorjahr um ein Kilogramm auf 59,9 Kilogramm.
Fleischportionen außer Haus oft kleiner bemessen als zuhause
Schuld daran ist nach Einschätzung des Verbandes der Fleischwirtschaft (VDF) nicht zuletzt die demografische Entwicklung. Die Gesellschaft altert und ältere Menschen essen oft weniger. Negativ wirke sich aber auch aus, dass in Deutschland das Selberkochen von Mahlzeiten an Bedeutung verliere. Ein immer größerer Teil der Mahlzeiten werde entweder in der Gastronomie eingenommen, oder es würden Fertiggerichte zu Hause zubereitet, heißt es beim VDF. In beiden Fällen sind die Fleischportionen in der Regel geringer als beim selbstgekochten Essen.
Außerdem: Immer mehr Menschen reduzieren laut GfK bewusst ihren Fleischverbrauch. Vor allem in der Altersgruppe der über 50-Jährigen wachse die Zahl der Flexitarier, die zwar nicht ganz auf den Genuss von Steaks oder Bratwurst verzichten, aber doch statt zum Fleisch häufiger mal zu veganen oder vegetarischen Alternativen greifen. Und bei den jüngeren Konsumenten gebe es überdurchschnittlich viele Vegetarier-Haushalte, die aus Tierwohl- und Umweltschutzgründen komplett auf Fleisch verzichteten.
Weniger Fleisch ist offenbar chic
„In bestimmten gesellschaftlichen Schichten und Regionen ist es in Deutschland gegenwärtig offenbar ausgesprochen chic, wenig oder gar kein Fleisch zu essen, während dies in anderen europäischen Ländern erheblich geringer ausgeprägt ist“, klagt der Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie (BVDF).
In den deutschen Schlachthöfen ist allerdings von dem Abwärtstrend beim Verbrauch nichts zu spüren. Im Gegenteil: In den ersten sechs Monaten des Jahres stieg die Fleischproduktion nach vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes sogar noch einmal geringfügig auf einen neuen Rekordwert von 4,1 Millionen Tonnen. Insgesamt wurden demnach 29,2 Millionen Schweine, 1,7 Millionen Rinder und rund 349 Millionen Hühner, Puten, Enten und anderes Geflügel geschlachtet.
Längst produzieren die deutschen Schlachthöfe nicht mehr nur für den deutschen Markt. „Die Bedeutung des Exports für die deutsche Fleischindustrie wächst“, betont VDF-Geschäftsführer Detlef Stachetzki. Wichtigste Abnehmerländer für Fleisch und Fleischwaren aus Deutschland sind traditionell die EU-Länder. Die deutsche Fleischindustrie richtet aber ihre Blicke auch weit darüber hinaus: „Die Nachfrage Chinas nach tierischen Produkten ist im ersten Halbjahr förmlich explodiert“, berichtet Stachetzki.
Erich Reimann, dpa