Tischkultur in Deutschland – spontan? „Ham wa nich …“ Aber wenn wir es gewissenhafter beleuchten, befindet sich die Tischkultur im Wandel. Sie wird internationaler, schnelllebiger, der (manchmal) vermeintlich moderne Zeitgeist beeinflusst das derzeitige Essverhalten der Deutschen. Ketten-Restaurant, Selbstbedienungs- Bäcker oder schnelle Konzepte bestimmen das Bild der derzeitigen Gastronomie.
In Berlin zum Beispiel hat gerade vor einer großen Event-Mehrzweck- Halle für Konzerte oder Sport- und sonstige Veranstaltungen ein neuer Marktplatz mit ausschließlich franchisegeführten Marken eröffnet. Die Individual-Gastronomen, die noch selbst mit viel Fleiß, Enthusiasmus und Schweiß am Herd stehen, können es sich nicht mehr leisten, in solchen 1a-Lagen ein inhabergeführtes Restaurant zu bewirtschaften. Hier ist der Wandel in vollem Gange – schade.
Mittagszeit – feste Zeiten
Meine Mutter stand früher jeden Sonntag stundenlang in der Küche, um das Essen vorzubereiten. Das sonntägliche Mittagessen war die wichtigste Mahlzeit. Heute wird sich bestenfalls an den Feiertagen gern an diese Tradition erinnert und sonst meist alles im Vorbeigehen „auf die Kralle“, als „to go“ mit nach Hause genommen oder als bequemes Convience- Gericht konsumiert. Klassische Essenszeiten spielen heutzutage keine Rolle mehr – auch aufgrund des Wandels in der Arbeitswelt. Die sogenannte Zwischenverpflegung gewinnt hier an Bedeutung. Von den Angeboten der kleinen Shops auf dem Weg zur Arbeit wird man regelrecht erschlagen. Eile und Mobilität prägen das Essverhalten in der Großstadt. Gleitende Arbeitszeiten und ständig neu definierte Kernarbeitszeiten, WhatsApp-Gruppen oder noch schnell geschriebene E-Mails definieren den Stellenwert der Nahrungs-Aufnahme.
Ort der Kommunikation
War die Küche früher ausschließlich zum Arbeiten und abgetrennt vom Rest der Wohnung, ist sie heute ein Ort der Kommunikation, an dem meist die allerbesten Partys stattfinden. Neueste, trendige und schicke Geräte unterstreichen die moderne Ausrichtung des gesamten Wohn-Ensembles. Die offene Küche mit den neusten technischen Gadgets und modernster Ausstattung soll nicht mehr versteckt werden – sie kann sich sehen lassen. So auch das Geschirr: Kennen Sie noch das schwarze eckige, das früher das absolute Must-have war? Heute ist dagegen das einfache Geschirr angesagt. Am besten in urbanen, erdigen Tönen. Spülmaschinen- und mikrowellenfest muss es sein, trendy, in allen Formen erhältlich und darüber hinaus natürlich noch unkaputtbar. Tischkultur in Deutschland hat sich in den letzten Jahrzenten stark verändert, doch wo führt uns dieser Weg hin? Gern trete ich mit Ihnen in den Dialog.
In diesem Sinne
Ihr Heiko Becker
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Heiko Becker ist gelernter Koch, Mitglied im Verband der Köche Deutschlands und seit 15 Jahren für das Cateringunternehmen L & D im Betriebsrestaurant einer Berliner Bundesbehörde mit ca. 700 Gästen täglich tätig. Geboren und aufgewachsen ist er in (Ost-) Berlin. Dort besuchte er die Hotelfachschule und absolvierte seine Ausbildung in der GV, in Sterne-Restaurants und im In- und Ausland.