In dem berühmten Werbespot der US-Fastfood-Kette Wendy’s reklamiert eine ältere Dame unablässig: „Where’s the beef?“ (deutsch: „Wo ist das Fleisch?“). In der Betriebsgastronomie hält sich die Diskussion um einen Veggieday. Geht es generell nicht ohne Fleisch oder mit kleineren Portionen für die Tellermitte? So ließe sich doch prima beim Wareneinsatz sparen. Meine Meinung: Der Mensch hat das Recht auf die freie Wahl seiner Nahrung.
Und davon macht er Gebrauch. Jeden Tag. Wer dieses Recht einschränkt, hat schon verloren. Ein Beispiel: Der Veggietag im Programm einer politischen Partei galt als ein Grund für ihr mageres Abschneiden bei der Wahl.
Die Entscheidung der Wähler ist schnell ermittelt: 88 % der Deutschen sind Fleischesser, meldet statista. Werden die Flexi-Vegetarier mit 6,6 % dazu addiert, verzehren 94,6 % der Deutschen regelmäßig oder sporadisch Fleischprodukte. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Meinungsforschungsinstitut Forsa. Es erstellt im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums mit einer repräsentativen Umfrage den „Ernährungsreport“: Bei vier von fünf Deutschen stehen Fleisch und Wurst mehrmals in der Woche oder täglich auf dem Tisch. Nur 3 % der Befragten verzichten gänzlich auf Fleischprodukte.
Profit-Center Kantine
Was zählt? Die originäre Aufgabe einer Betriebsgastronomie ist es, mit dem Speiseplan ein gästeorientiertes Angebot zu erstellen und den Gästen eine ausgewogene, qualitativ hochwertige, schmackhafte und abwechslungsreiche Ernährung zum möglichst günstigen Preis anzubieten. Ein schöner Spagat!
Fakt ist: Eine Betriebsgastronomie ist ein, meist subventionierter, Dienstleistungsbereich eines Unternehmens, beäugt nach Maßstäben eines Profit-Centers und beurteilt nach Parametern wie Zahl der Tischgäste, U m s a t z , K o s t e n . Ein Gast ist im Schnitt 30 Minuten in der Kantine, das sind nur 1/48 des gesamten Tages. Wer als Küchenchef oder Betriebsleiter glaubt, in dieser Zeit seine Gäste zu geringerem Fleischverzehr erziehen zu müssen, erreicht sein Ziel nicht. Vielmehr sind Ideen und Inspirationen, funktionierende Marketingkonzepte gefragt.
In Hamburg habe ich bei einem großen Verlag die gelungene Positionierung des Speisenangebotes auf „Brainfood“ gesehen, in Düsseldorf, bei einer kommunalen Einrichtung, eine persönliche, medizinisch begleitete Ernährungsberatung mit entsprechend abgestimmten Takeaway-Angeboten kennengelernt und bei einem Autohersteller in Ingolstadt pfiffige Aktionen wie „Wenn der kleine Hummer kommt“ entdeckt. Alle drei Konzepte verbesserten deutlich die Gästezahlen, stießen bei den Mitarbeitern auf sehr positive Resonanz und erhöhten die Preisbereitschaft der Gäste.
Wünsche und Wahlrecht
Lassen Sie den Gästen ihre Wünsche und ihr Wahlrecht auf Spaghetti-Bolo, Schnitzel, Pizza, Salami, Roulade, Brathähnchen, Steak… Reagieren Sie lieber auf Trends und die Vorlieben Ihrer Gäste. Erstklassige Edel-Burger kann es auch in der Betriebsgastronomie geben. Auch ein eigenständig gestaltetes, kreatives vegetarisches Gericht findet seine Abnehmer.
Übrigens: Als der studentische Beirat einer großen deutschen Mensa einen wöchentlichen Veggieday durchsetzte, reagierten die Studenten sehr ungewöhnlich. Draußen, links und rechts vom Eingang stellten sie Grills auf und boten ihren Kommilitonen Bratwürste vom Rost an. Gefragt, was dies denn wohl soll, lautete die Antwort: „Wir lassen uns nicht vorschreiben, was wir zu essen haben!“. Recht so. Richard S. Beerbaum
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Richard S. Beerbaum ist Marketingexperte, Journalist und Autor. Er ist seit über 30 Jahren in der Beratung großer Industrie- und Handelsunternehmen tätig, aber auch mit viel Freude in der Kommunikation für Gastronomie, Hotellerie und Food-Service im Einsatz. Der gebürtige Berliner lebt in Ludwigsburg und ist Partner der Agentur BestPage Kommunikation.