Dänemark ist das weltweit führende Land beim durchschnittlichen Pro-Kopf-Konsum von Bio-Lebensmitteln. Auch immer mehr Restaurants und Kantinen steigen dort auf Bio um. Wir haben mit Pernille Bundgård von Organic Denmark darüber gesprochen, warum.
Pernille Bundgård ist International Market Director bei Organic Denmark, einem Verband, der das Wachstum des dänischen Bio-Marktes fördert und unterstützt. Im Gespräch erzählt sie, wie in Dänemark der Anstieg des Anteils an Bio-Lebensmitteln im Foodservice gelingt und was Deutschland davon lernen kann.
Frau Bundgård, durch Ihre Position bei Organic Denmark haben Sie umfangreiche Kenntnisse über den dänischen Bio-Markt und die Verarbeitung von Bio-Lebensmitteln im Außer-Haus-Markt. Warum sollten Kantinenbetreiber in Deutschland dem dänischen Vorbild folgen und auf Bio-Lebensmittel umsteigen?
Zahlreiche Menschen achten heutzutage im Privatleben auf eine gesunde Ernährung sowie nachhaltige, regionale Lebensmittel. Sie möchten auch in ihrer Mittagspause ihre Essgewohnheiten nicht ablegen müssen. Viele von ihnen würden vermutlich häufiger in der Kantine essen, wenn es dort Bio- Alternativen geben würde. Für Kantinenbetreiber ist dies die Chance, sich an den gesellschaftlichen Wandel anzupassen und ihn mitzugestalten. Arbeitgeber haben Interesse daran, dass ihre Mitarbeiter gesund sind. Sie können in der Betriebsverpflegung durch Bio zu einer gesünderen Lebensweise beitragen. Außerdem sind Faktoren wie eine gute Kantine häufig ein wichtiges Kriterium bei der Jobsuche. Mit gesunden und nachhaltigen Gerichten können Unternehmen sich als attraktive Arbeitgeber präsentieren. Damit kann sich eine Umstellung auf Bio allemal rechnen.
Warum sind Bio-Lebensmittel in Kantinen ein wachsender Markt?
Gerade im vergangenen Jahr hat sich während der Corona-Pandemie die Einstellung vieler Menschen zu ihrer Ernährung geändert – nicht nur in Dänemark, sondern weltweit. Die eigene Gesundheit hat einen neuen Stellenwert erfahren und viele Menschen haben ein Bewusstsein für eine gesunde Ernährung entwickelt. Es kam zu einem regelrechten Boom in der Bio-Branche. Aspekte wie Regionalität, Nachhaltigkeit und Tierschutz werden immer stärker nachgefragt. Zusätzlich hat das Thema Sicherheit bei Fragen nach Produktherkunft, verwendeten Zutaten und Vertrauen in Hersteller beziehungsweise Anbieter an Bedeutung gewonnen. Verbraucher sind bereit, mehr Geld für alternative und gesündere Konzepte auszugeben.
Wie groß sind diesbezüglich Erfahrung und Marktanteil in Dänemark?
In Dänemark steigt die Anzahl der Bio-Lebensmittel, die im Außer- Haus-Markt verarbeitet werden, stetig. Insgesamt machen sie dort einen Anteil von etwa 41 Prozent aus. Mittlerweile verwenden über 3.000 Großküchen in Dänemark mindestens 30 Prozent Bio-Lebensmittel und mehr und mehr Kantinen und Restaurants schließen sich an. Die Gäste freuen sich darüber und nehmen das Bio-Angebot gerne an.
Wie schafft Dänemark es, die Verarbeitung von Bio-Produkten im Foodservice so erfolgreich umzusetzen?
Die Wertschätzung von Bio-Produkten ist seit Jahrzehnten gewachsen, wodurch sich Dänemark und seine Bevölkerung auszeichnen. Das Land setzt sich bereits seit einer langen Zeit für den Einsatz von Bio-Lebensmitteln in der Gemeinschaftsverpflegung und der Gastronomie ein. Staatliche Förderung und politische Unterstützung spielen hierbei eine wichtige Rolle. Zum Beispiel gab das dänische Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Fischerei vor Kurzem bekannt, dass es in den Jahren 2021 und 2022 mehrere Fonds mit insgesamt 25 Millionen Kronen jährlich zur Förderung der Ökologie und der Aufforstung bereitstellt. Das Geld dient zusätzlich auch der Förderung der Umstellung auf Bio-Lebensmittel in gewerblichen Küchen. Ein zusätzlicher Schritt, der das Bio-Wachstum im Foodservice weiter ins Rollen gebracht hat, war 2009 die Einführung des Organic Cuisine Labels. Es zertifiziert in drei Abstufungen gewerbliche Küchen mit einem Bio-Anteil ab 30 Prozent. Das Label wird vom dänischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Fischerei vergeben. Es ist nur leicht vom bekannten dänischen Bio-Siegel abgewandelt, sodass jeder Däne direkt versteht, was es aussagt.
Was kann Deutschland diesbezüglich von Dänemark lernen?
Deutschland kann selbstverständlich nicht innerhalb kürzester Zeit ein Bio-Label für den Foodservice einführen, welches das gleiche Vertrauen schafft wie das dänische Siegel, das seit über 30 Jahren existiert. Zudem hat die politische Unterstützung in Dänemark große Teile des Bio-Wachstums ermöglicht. Was Kantinenbetreiber in Deutschland trotzdem tun können, um Dänemark im Bereich Bio zu folgen, ist, für alle Gerichte eine Bio-Alternative anzubieten, seien es auch Kleinigkeiten wie Mayonnaise auf den Pommes Frites. Es ist wichtig, den Gästen deutlich zu machen, wo die Bio-Lebensmittel herkommen und wie sie angebaut werden. Allerdings müssen für ein Wachstum der Bio-Branche sowohl das Bewusstsein als auch der Wille zur Veränderung vorhanden sein. Die Menschen müssen verstehen, dass wir die Zukunft dieses Planeten in der Hand haben und große Schritte in Richtung Nachhaltigkeit und Umweltschutz gehen müssen. Für Dänen ist Bio ein Teil der Lösung.
Wie unterstützt Organic Denmark Kantinenbetreiber, die ihr Bio-Sortiment ausbauen möchten?
Die Bio-Kompetenz und ihre Innovationskraft, die sich dänische Unternehmen auf dem Inlandsmarkt aufgebaut haben, bieten hervorragende Voraussetzungen, um auch international die Nachfrage der Verbraucher nach sicheren, gesunden und nachhaltigen Lebensmitteln zu bedienen. Organic Denmark ermöglicht Einkäufern im Foodservice den Zugang zu einem Netzwerk an innovativen Bio-Lieferanten und deren Produkten. Dazu teilen wir unser Wissen und unsere Erfahrung aus Dänemark. Organic Denmark kann eine Großküche beraten, wie sie auf Bio umstellen kann und welche Potenziale möglich sind. Wir geben ein Feedback zu Produktpaletten und identifizieren Lücken im Bio-Sortiment. BRANCHE I
Das ist Organic Denmark
Als unabhängiger dänischer Branchenverband für Bio-Hersteller, Landwirte und Verbraucher vertritt Organic Denmark mit 200 Mitgliedern über 90 Prozent der Wertschöpfungskette in der biologischen Lebensmittelindustrie Dänemarks und wird aus staatlichen Mitteln gefördert. Ziel des Verbands ist es, den Marktanteil ökologischer Lebensmittel zu steigern und die Vielfalt und Innovationskraft dänischer Bio-Produkte national und international zu präsentieren.