„Du siehst aus wie ein Lauch“, necken sich zwei bekannte Fernsehmoderatoren (Joko und Klaas bei „Duell um die Welt“) in der Primetime der deutschen Abend- Fernsehlandschaft. Ja, endlich, das Gemüse und der Salat sind in der Mitte der Gesellschaft angekommen. War es früher verschmäht und wurde nur von offensiven Bio-Latschen- Trägern verspeist, so ist die gesunde Ernährung mit frischem Gemüse und Salaten der Saison nun gesellschaftlich akzeptiert und gewünscht. Und wissen Sie was? Das ist auch gut so.
Wie Sie ja mittlerweile, nach einem Jahr Kolumne, wissen, bin ich bei „L & D – der Persönlichen Gastronomie“ für verschiedene oberste Bundesbehörden mit ca. 2.500 Essen täglich verantwortlich und da ist das Thema Gemüse und Salat sehr wichtig. Das ist unter anderem ein Aushängeschild für alle gastronomischen Betriebe. Ca. 32 verschiedene Salate, Salatmischungen, Antipasti, Toppings und Dressings in einem Betrieb (Sie können gern vorbeikommen und nachzählen) machen die Auswahl an der Salatbar nicht einfach. Das sind durchschnittlich ca. 45 kg an Salaten, in einem Betrieb am Tag – das kann sich schon sehen lassen, oder?
Abwechslung bitte!
70 % der Salate und Salatmischungen sind von ausgebildeten Fachkräften handgemacht. Ganz wichtig dabei ist, dass die Kollegen Spaß an der Zubereitung haben und dass sie kreativ sein können. Den Gästen, die täglich ihr Essen bei uns zu sich nehmen, darf es an der Salat- und Gemüsetheke Deutschlands nicht langweilig werden. Unsere Gäste haben sich sehr schnell an eine große Auswahl gewöhnt; sollte dann mal etwas fehlen und wir bieten „nur“ 20 Salate am Tag an, werden wir sofort angesprochen. Aber manchmal ist weniger eben auch mehr. Es gab Zeiten, da war es etwas Besonderes, ein vegetarisches Gericht auf dem Speiseplan anzubieten. Heute darf eine vegetarische Variante mit Gemüse auf keinem Speiseplan fehlen. Denken Sie mal 10 Jahre zurück. Gemüse – so wie jetzt vegan und glutenfrei – wurde sehr vernachlässigt und wir Köche rollten mit den Augen. Dabei sind die Pflanzen(fr)esser die Herausforderungen in der Küche. Vegetarier sind die kritischsten Gäste in einer Kantine, denn immer nur Gemüse ist auch langweilig. Lupine, Seitan, Quinoa, Tofu oder Quorn sind keine klingonische Fremdsprache, sondern vegetarische Alternativen zu Fleisch und eine Bereicherung der vegetarischen Ernährung.
Mythos Spinat
Schon der Spinatmatrose wusste über die gesunde Wirkungsweise von Gemüse Bescheid. Gemüse ließ die Muskeln wachsen, hat einen hohen Vitamin-, Eiweiß- und Mineralstoffgehalt, kurzum: „Dit is jesund.“ Seit 1890 hält sich die Legende vom hohen Eisengehalt im Spinat. Dabei wurde aber fälschlicherweise getrockneter Spinat mit der Frische-Variante verglichen. Zufälligerweise wurde das leider im Laufe der Jahre vergessen. So mussten viele Kinder ihren Spinat aufessen und bekamen ein Trauma für ihr Leben. Immer zur Mittagszeit, wenn ca. 18 Mio. Deutsche in einem Mitarbeiter- Restaurants ihres Vertrauens essen gehen, sind die Essensausgaben gut besucht, wenn Blattspinat mit Rührei und Kartoffeln auf dem Speiseplan steht. Gästewunschessen- Alarm! Ja, was einem als Kind vermiest wurde, wird im Alter zu einer Delikatesse. Es schmeckt plötzlich wieder!
Krummes Gemüse
Der neueste Trend in meinen L & D-Betrieben ist „queres Gemüse“ in Bio-Qualität. Der Begriff bezeichnet schräges Obst, krumme Gurken oder Paprika. Produkte eben, die nicht in Supermarkt-Normen passen. 30 % an Obst und Gemüse werden bei der Ernte aussortiert, da es nicht den optischen Vorstellungen der Verbraucher entspricht. Diese frischen Bio-Gemüse werden von uns aufgekauft, vor dem Abfall gerettet, und in den Mitarbeiterrestaurants verarbeitet. Dieses Engagement kommt bei den Gästen gut an. Stillstand und Betriebsblindheit können wir uns in der Gastronomie nicht leisten. Ob nun Gemüse, frisch vom Feld, aus der Region oder Flugtomaten aus Spanien, queres Gemüse in Bio-Qualität oder Gemüse frisch aus dem TK – Hauptsache gesund. Wissen Sie, was ich in der Küche am liebsten höre? „Fleisch ist mein Gemüse!“
In diesem Sinne,
Ihr Heiko Becker
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Heiko Becker ist gelernter Koch, Mitglied im Verband der Köche Deutschlands und seit 15 Jahren für das Cateringunternehmen L & D im Betriebsrestaurant einer Berliner Bundesbehörde mit ca. 700 Gästen täglich tätig. Geboren und aufgewachsen ist er in (Ost-) Berlin. Dort besuchte er die Hotelfachschule und absolvierte seine Ausbildung in der GV, in Sterne-Restaurants und im In- und Ausland.