Wenn Kollege Roboter die Pasta kocht
In der Gastronomie fehlen Mitarbeitende – sowohl Köchinnen und Köche als auch Küchenhilfen und Bedienpersonal. In der Corona-Zeit haben sich viele Mitarbeitende umorientiert und fehlen bis heute in der Branche. Doch Not macht erfinderisch. Vor rund zwei Jahren zogen die ersten Kochroboter in Kantinen ein, um trotz Personalmangels ein verlässliches gastronomisches Angebot anbieten zu können. Nun erobern die stählernen Automaten weitere Sparten in der Gastronomie. Neue Robotik-Konzepte wurden auf dem gv-praxis-Branchentag im Juni 2024 in Mainz präsentiert.
„Robi“ wird der von einem ursprünglich Berliner Startup entwickelte Kochroboter liebevoll genannt. Er ist das Herzstück der Küche eines voll digitalisierten Strand-Hostels in Grömitz an der Ostsee. Wie Inhaber Niels Battenfield berichtet, ist der Kochroboter bei den überwiegend jungen Gästen des Surf Rescue Clubs äußerst beliebt. Innerhalb weniger Minuten bereitet er auf Knopfdruck eines von sechs Gerichten zu. Klaglos und schnell reinigt er anschließend wieder sein Kochgeschirr. Vom Check-In bis zum Check-Out funktioniert in dem Hostel der gesamte Service digitalisiert und ohne Personal rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche. Alternativ zum Kochroboter können die Gäste eine Pizza aus dem Pizzaautomat ordern oder Backwaren, Deligerichte und Getränke aus den Selbstbedienungsvitrinen erwerben.
Ganz ohne Menschen geht es natürlich dennoch nicht. Hinter den Kulissen sorgt Personal für die Logistik, bestückt regelmäßig die Lebensmitteltanks des Roboters und reinigt ihn, füllt die Verkaufsvitrinen auf, bezieht die Betten neu und putzt die Zimmer. Angestellte stehen zudem tagsüber als Ansprechpersonen für Fragen der Gäste und Smalltalk bereit und bereiten Kaffeespezialitäten zu. Auf diese Weise sorgen sie für die Seele und Wohlfühlatmosphäre, allerdings nur zu arbeitnehmerfreundlichen Zeiten tagsüber.
An der Autobahnraststätte Wertheim an der A3 wird demnächst ebenfalls ein Kochroboter das Essen zubereiten. Projektentwickler Holger Stromberg stellte sein Konzept „e-nergia“ zum Aufladen von Auto und Mensch unterwegs vor. Das rund 20.000 Quadratmeter große neue Raststätten-Areal befindet sich derzeit noch im Bau und soll Anfang Juli 2024 in Betrieb gehen. Neben 160 Ladestationen für E-Autos beinhaltet der Gebäudekomplex ein Caférestaurant, in dem ein Kochroboter die Speisen zubereiten wird. Dieser soll Tag und Nacht zunächst sechs Gerichte innerhalb weniger Minuten produzieren. Ergänzt wird das Angebot um eine Kaffeestation und ein von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bereitgestelltes Frühstücks- und Abendessensangebot.
Seit Ende Mai 2024 produziert zudem ein Kochroboter im Gesundheitszentrum der Uniklinik Tübingen fünf verschiedene Gerichte für Mitarbeitende und Gäste. Die Kochstation bietet schichtunabhängig ein ergänzendes Essensangebot an. Der Roboter kann 150 Gerichte pro Stunde zubereiten. Ein Gericht kostet zwischen 6,00 Euro und 8,70 Euro und benötigt drei bis sieben Minuten bis es fertig ist. Derzeit ist der Roboter nur tagsüber im Einsatz. Immer morgens wird er vom Service-Personal mit frischen Zutaten befüllt. Zukünftig ist ein beinahe Rundum-die-Uhr Einsatz für 23 Stunden geplant abzüglich einer Stunde für die Gerätereinigung und das Befüllen.
Kochroboter als vollautomatisierte Kochstationen sind seit rund zwei Jahren in Deutschland, Österreich und der Schweiz im Einsatz. Erste Aufstellorte waren Kantinen in der Gemeinschaftsgastronomie. Die automatisierten Kochstationen ergänzen das bestehende Speisenangebot, federn Nachfragespitzen ab und entlasten das Personal. Sofern sich in absehbarer Zeit nichts an der Personalmangelsituation auf dem Arbeitsmarkt ändert, sagen Branchenvertreterinnen und Branchenvertreter den stählernen Kollegen glänzende Zukunftsaussichten voraus.
Weitere Informationen:
Künstliche Intelligenz in der Gastronomie: bzfe.de/service/news/aktuelle-meldungen/news-archiv/kuenstliche-intelligenz-in-der-gastronomie