Der Produktionsprozess wird in Zukunft nicht nur an deutlich mehr Stellen automatisiert, sondern sogar selbstorganisierend vernetzt ablaufen.
Die Küche lebt – das war das Fazit eines der Referenten auf dem HKI-Forum „Küche 4.0“, das Mitte Oktober in Frankfurt stattfand. Die Veranstaltung beleuchtete Zukunftsvisionen sowie den aktuellen Stand der digitalen Vernetzung in der Großküche. Angelehnt ist der Titel an den Begriff „Industry 4.0“, Synonym für die vierte Industrielle Revolution: Durch die Verfügbarkeit aller relevanten Informationen in Echtzeit und Vernetzung aller beteiligten Instanzen erwächst die Fähigkeit, zu jedem Zeitpunkt einen optimalen Wertschöpfungsfluss abzuleiten; Cyber Networking ermöglicht dynamische, selbst organisierende und unternehmensübergreifende Netzwerke. Betroffen ist davon nicht nur die Industrie, sondern das gesamte produzierende Gewerbe. Zukunftsvision also auch für die Küche?
„Die Frage ob Industry 4.0 auch für die Großküche Sinn macht, stellt sich eigentlich nicht,
es ist vielmehr die gleiche Frage wie in allen anderen Produktions-Betrieben:
‚Was macht wann in welchem Umfang Sinn?‘“, sagte Dipl-Ing. Detlef Voss im Rahmen seines Vortrags. Schon jetzt gibt es richtungsweisende Beispiele. Systeme, die heute in der Küche eingesetzt werden, dienen in aller Regel der Überwachung und nicht der Steuerung. Der Hauptantrieb: Das Einhalten und Dokumentieren von HACCP-Standards. Temperaturen werden beispielsweise digital erfasst, in Echtzeit übertragen und dokumentiert. Damit lassen sich kontinuierliches Warmhalten oder eine durchgehende Kühlkette sicherstellen und gleichzeitig nachweisen. Räumliche und zeitliche Entkoppelung sind die Merkmale des Stands der Technik. Küchenleitsysteme führen unterschiedliche Bereiche, wie Qualitätsmanagement, Rückverfolgbarkeit und Instandhaltungsmanagement zusammen.
Einen Schritt weiter geht das Einsetzen von Energiemanagementanlagen. Ein Beitrag mit Küchenfachplaner Volker Thielsen in dieser Ausgabe auf Seite 18 zeigt, dass eine intelligente Steuerung einen tatsächlichen Mehrwert bieten kann.
Viele der heute angebotenen Systeme sind zukunftsfähig. Ihre Einbindung in vernetzte Strukturen erfordern allerdings einen Standard. Je mehr einzelne Prozesse digitalisiert und vernetzt ablaufen, desto mehr Schnittstellen sind auch nötig. Einheitliche Normen und Standards spielen dabei ebenso eine Rolle wie IT-Sicherheit und Datenschutz. Daran schließt sich die Frage nach der zukünftigen Arbeitsorganisation an. Nicht nur die Maschinen und Geräte müssen vernetzt sein, sondern auch die Unternehmen, die sie herstellen. Verbände, die die relevanten Akteure an einen Tisch bringen, helfen, die Handlungsempfehlungen zu erarbeiten und Rahmenbedingungen zu erstellen, um die Digitalisierung in der Praxis zu meistern.
Die schwierigste Frage beim Vorantreiben der Küche der Zukunft ist die Frage nach den Kosten im Verhältnis zum Nutzen. „Man muss vermutlich noch lange selbst entscheiden, wann man seine Produktion auf neue Prozesse umstellt und wie man die entsprechenden Daten miteinander vernetzt“, mutmaßte Detlef Voss. Eine Vorreiterrolle wird dabei den großen Unternehmen zufallen, die Stück für Stück einzelne Maschinen und Prozesse anpassen und Standards entwickeln.
Die Forderungen nach zentralisierten Daten gehen in der Großküche nicht nur von Belangen der Speisenproduktion aus. Auch der Kunde will zunehmend transparente Informationen, neben dem Herstellungsprozess sind verifizierte Daten zur Erzeugung und Verarbeitung gefragt. Auch diese Daten werden sich nur bereitstellen lassen, wenn sie nicht nur erfasst, sondern auch zentral abrufbar sind. Einen ersten Schritt dazu haben beispielsweise Großhandelsketten wie Metro getätigt, die Daten über die Herkunft bestimmter Waren per QR-Code direkt beim Einkauf abrufbar zur Verfügung stellen. Der zweite Schritt wird jedoch die Verknüpfung der Daten mit anderen Informationen sein, die im nachgeschalteten Logistik- und Herstellungsprozess gewonnen werden. Der Kunde wünscht gesunde und qualitativ hochwertige Produkte, und zwar nicht nur vom Acker bis zum Kühlhaus, sondern vom Acker bis auf den Teller.
Die gute Nachricht zum Schluss: Trotz ansteigender Automatisierung, Digitalisierung und Vernetzung bleibt der Grad an menschlicher Arbeit im Produktionsprozess der Küchen hoch – dies wurde auch auf dem HKI-Forum klar. Allerdings ist wohl damit zu rechnen, dass deutlich höhere Qualifikations-Anforderungen an den einzelnen Mitarbeiter gestellt werden. (max)